Einem Blick auf die jüngere Geschichte Hessens haftet der Schatten einer unheimlichen Serie rechtsextremer Gewalt an. Die Ermordung Halit Yozgats in Kassel, Walter Lübckes in Wolfhagen und die Morde an Ferhat Unvar, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Gökhan Gültekin, Hamza Kenan Kurtović, Kaloyan Velkov, Vili-Viorel Păun, Said Nesar Hashemi und Fatih Saraçoğlu in Hanau waren dabei die extremsten Ereignisse. Es gäbe noch mehr Namen, Brandanschläge und Schüsse zu erwähnen, nicht zuletzt den „NSU 2.0“ innerhalb der Frankfurter Polizei; und die AFD, jene Partei, welche den Ideologien um diese Taten eine „bürgerliche“ Tarnung gibt und sich 2013 in Oberursel bei Frankfurt gründete.

Diese Taten sind nicht nur Angriffe auf bestimmte Personen und Communitys, sie sind Angriffe auf unser demokratisches Grundverständnis und unsere gesamte Gesellschaft, die wir nicht bloß plural, divers und vielfältig begreifen wollen, sondern die all das schon jetzt ist. Manche sind offenbar nicht bereit, das zu akzeptieren. Diese Gesellschaft ist dennoch eine existierende Realität, gerade, aber nicht nur in Frankfurt und Offenbach.

Diese Taten sind Einschnitte in der Geschichte Hessens, deren Narben wir weder glätten noch ignorieren können. Sie verdeutlichen, dass auch nach der Zeit des Nationalsozialismus rechtsextreme Ideologien nicht abschließend bewältigt sind. Auch das ist eine Realität. Diese Taten gehören zur Geschichte dieses Bundeslandes und sind ein schmerzhafter Auftrag, sich immer wieder mit ihnen, ihren Voraussetzungen und Folgen auseinanderzusetzen und aus ihnen Konsequenzen zu ziehen. Die noch immer unzureichende Aufarbeitung des Hanauer Anschlags und die offensichtlichen Fehleinschätzungen bzw. auch Fehlverhalten bei Polizei sowie den für Prävention wie für die Ermittlung zuständigen Behörden gibt dabei ebenso zu denken wie die leider noch immer zu weit vor uns liegende Notwendigkeit, strukturellen und institutionellen Rassismus auf allen Ebenen zu thematisieren, herauszuarbeiten und zu beenden.

Auch das Theater steht in der Pflicht das Grundverständnis einer vielfältigen Gesellschaft, der Kunst- und Redefreiheit bedingungslos weiter zu etablieren und zu verteidigen. Das Theater, die Künste und deren Institutionen gehören Vielen. Sie müssen der Pluralität eine Bühne und Ausdrucksmöglichkeiten einräumen. Nehmen wir oben genannte Realitäten (neben zahlreichen weiteren) ernst, werden wir uns Dialoge, Visionen, Ideen und Utopien erspielen und erproben, die uns in eine gewaltärmere, offenere Zukunft begleiten.