Menschen von den Philippinen sind dafür bekannt, in vielfältigen Rollen „der Welt zu dienen“ – sie übernehmen weltweit Jobs im Dienstleistungssektor, als Haushaltshilfen, Service- und Pflegekräfte oder Entertainer*innen. Mit wuchtigem Pop und gefühlvollen Balladen gehen Eisa Jocson und ihre Mitstreiter*innen dem Phänomen der „Overseas Filipino Musicians (OFM)“ nach – Coverbands, die die globale Nachfrage nach westlicher Musik in Hotels, Clubs und Vergnügungsparks bedienen. Auf dem stimmlichen und gestischen Repertoire der Single „Superwoman“ (1989) der amerikanischen R&B-Sängerin Karyn White aufbauend, setzt sich „The Filipino Superwoman Band“ mit weiblich konnotierter Gefühls- und Sorgearbeit auseinander. Der Song, der in den 90er-Jahren ein Hit in Manila war, behandelt die Klage einer Ehefrau, als zu selbstverständlich angesehen zu werden. In ihrem Live-Band-Format mit Sounddesign von Teresa Barrozo und Videoprojektionen von Franchesca Casauay feiern die Performer*innen Eisa Jocson, Bunny Cadag und Cathrine Go die Stärke und Vielfalt philippinischer Arbeitsmigrant*innen.
The Filipino Superwoman Band
Eisa Jocson, Bunny Cadag, Cathrine Go, Teresa Barrozo und Franchesca Casauay
The Filipino Superwoman Band
The Filipino Superwoman Band
The Filipino Superwoman Band
The Filipino Superwoman Band
The Filipino Superwoman Band
The Filipino Superwoman Band
Eisa Jocson, Bunny Cadag, Cathrine Go, Teresa Barrozo und Franchesca Casauay
Infos
- Dauer: 60 Minuten
- Keine Sprachkenntnisse erforderlich (Songtexte auf Englisch)
- 18.09. 19 Uhr Eröffnung mit poetischer Keynote von Jaya Jacobo, Reden und Snacks, im Anschluss Opening-Karaoke Party und Siebdruck-Werkstatt
- 19.09. Gespräch im Anschluss
- 19.09. Tastführung und Audiodeskription
- Audioflyer (SoundCloud)
Barrierefreiheit
Barrierefreiheit der Veranstaltung
Barrierefreiheit des Spielorts
Audiodeskription und Tastführung am Freitag 19.09.
- Live-Audiodeskription in deutscher Sprache für blinde und sehbehinderte Zuschauer*innen
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Die Tastführung beginnt um 19 Uhr und dauert ca. 30 Minuten. Der Treffpunkt ist vor dem Eingang zum Saal.
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Die Empfangsgeräte und Kopfhörer für die Audiodeskription erhalten Sie am Saaleingang vom Vorderhauspersonal.
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sagen Sie uns gern via barrierefreiheit@mousonturm.de oder 01590 - 184 70 05 Bescheid, wenn Sie Audiodeskription & Tastführung in Anspruch nehmen möchten
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Audioflyer (SoundCloud)
Beteiligte und Förderer
Künstlerische Leitung, Konzept & Choreografie, Performance: Eisa Jocson
Künstlerische Mitarbeiter, Performance: Bunny Cadag & Cathrine Go
Künstlerische Mitarbeit, Sound Design, & Musikalische Leitung: Teresa Barrozo
Künstlerische Mitarbeit, Video, & Produktionsmanagement: Franchesca Casauay
Audiodeskription-Autor*innen: Anno Kötter, Paula Elena Noack, Dana Lienert
„Sincerely Yours, the Philippines“ ist ein Projekt des Künstler*innenhaus Mousonturm in Kooperation mit dem Goethe-Institut Philippinen. Gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes, gefördert von dem Beauftragten für Kultur und Medien. Gefördert durch den Kulturfonds Frankfurt RheinMain, das Goethe-Institut und „Philippinen - Ehrengast der Frankfurter Buchmesse 2025“.
Biografien
Eisa Jocson ist visuelle Künstlerin und Choreografin mit Lebensmittelpunkt in Manila (Philippinen). Sie ist ausgebildete bildende Künstlerin und machte erste Tanzerfahrungen im Ballett und Pole Dance. Mit ihren Arbeiten enthüllt sie die Körperpolitik in der Dienstleistungs- und Unterhaltungsindustrie aus der einzigartigen sozioökonomischen Perspektive der Philippinen. Sie untersucht, wie sich der Körper bewegt und unter welchen Bedingungen er sich bewegt – sei es soziale Mobilität oder Bewegung aus den Philippinen durch Migration. In all ihren Kreationen – von Pole Dance über Macho Dance und Hostess-Arbeit bis hin zu ihren Studien der Disney-Prinzessinnen, Superwoman und Zoo-Tieren – ist das Kapital die treibende Kraft der Bewegung, die den in die Pflicht genommenen Körper in räumliche Geografien drängt. Jocson hat eine enge Arbeitsbeziehung mit dem Künstler*innenhaus Mousonturm. Der Mousonturm hat zahlreiche ihrer Arbeiten koproduziert bzw. produziert. Mit vielen von ihnen war sie zahlreichen großen Festivals zu sehen und gastiert regelmäßig an Theatern in der ganzen Welt; mit dem Solo-Triptychon: Death of the Pole Dancer (2011), Macho Dancer (2013) und Host (2015) sowie mit der HAPPYLAND-Serie: Princess (2017), Your Highness (2017), Manila Zoo (2021). The Filipino Superwoman Band (2019), eine Arbeit über die affektive Arbeit von philippinischen Musiker*innen in Übersee, wurde von der Sharjah Biennale in Auftrag gegeben. Sie ist Preisträgerin des 2018 Cultural Centre of the Philippines 13 Artists Award, Gewinnerin des Hugo Boss Asia Art Award in 2019 und erhielt den 2021 SeMa-HANA Award für das Werk TFSB2020: Superwoman, Empire Of Care auf der Seoul MediaCity Biennale.
Bunny Cadag ist eine transfeminine und multidisziplinäre Künstlerin, mit Lebens- und Arbeitsmittelpunkt in Nasugbu, Batangas, Philippinen. Cadags künstlerische Praxis bewegt sich an den Schnittstellen zwischen Theater, Film und Installation. Mit einer dekolonialen Haltung gegenüber Folklore und Tradition nutzt sie vielfältige Praktiken und handwerkliche Methoden. Sie erforscht Formen der präkolonialen Geschlechtervielfalt, traditionelle Gesangsrituale und Heilpraktiken. Die Stimme dient Cadag als Medium des Widerstands und der poetischen Wiederkehr, die zugleich das aktuelle Ringen nach der Gleichgestellung aller Geschlechter spiegelt. Bunny Cadags Performances sind oft partizipativ und gemeinschaftsorientiert. Sie bringen die Stimmen von Marginalisierten zu Gehör und navigieren dabei mit Mitgefühl und Großzügigkeit durch entfremdete Formen und Räume. Cadag war eine der Preisträgerinnen des „Para Site No-Exit Grant for Unpaid Artistic Labour – Philippines 2021”. Arbeiten von ihr waren unter anderem Teil der Ausstellung „Tai Kwun Contemporary – Myth Makers-Spectrosynthesis III“ in Hongkong (2022/2023) und „Object Orientations” (2023) im Gravity Art Space in Manila.
Cathrine Go ist eine darstellende Künstlerin und Pädagogin aus Manila, Philippinen, die einen vielseitigen Zugang zu unterschiedlichen Kunstformen lebt. Sie wirkte an zahlreichen lokalen Theaterproduktionen sowie internationalen zeitgenössischen Performances mit. 2015 vertrat sie die Philippinen im Bereich Theater beim ROK-ASEAN-Treffen in Seoul, Südkorea. Zwei Jahre später nahm sie als Artist-in-Residence am „LAGABLAB Idea Ignition Launchpad Artist Residency Program“ der Sipat Lawin-Gruppe teil, wo sie ihre erste eigenständig entwickelte Forschungs-Performance Ghost realisierte. Derzeit ist Cathrine Go leitende Lehrkraft an einer progressiven Schule in Manila. Darüber hinaus tritt sie regelmäßig als Moderatorin und Charakterdarstellerin bei Live-Veranstaltungen auf. Im Jahr 2023 gründete sie gemeinsam mit anderen die Initiative Lakbay Kwento: Stories That Move, die durch das Vorlesen philippinischer Kinderbücher an verschiedenen Orten in der Gemeinschaft die Lese- und Schreibkompetenz sowie das kulturelle Bewusstsein fördert.
Franchesca Casauay ist eine Kulturschaffende mit interdisziplinärer Praxis, die in den Bereichen Performance, Neue Medien und diversen hybriden Formaten tätig ist. Mit einem breiten Spektrum an Kompetenzen – von kuratorischer und künstlerischer Arbeit über Produktion bis hin zu Organisation und Verwaltung – fungiert sie häufig als verbindendes Element zwischen Institutionen und Kunstschaffenden.In unterschiedlichen Rollen hat sie mit lokalen wie internationalen Organisationen, Festivals und Partner*innen zusammengearbeitet. Zu ihren bisherigen kulturellen Engagements in Europa und im asiatisch-pazifischen Raum zählen unter anderem: Gastkuratorin für das öffentliche Programm der 22. Biennale von Sydney (NIRIN) im Jahr 2020, Festivaldelegierte bei SONICA Glasgow 2024, Produktionskoordinatorin in Manila für den philippinischen Pavillon der 19. Architekturbiennale von Venedig 2025 sowie Stipendiatin der CIFAS Producers Academy 2025 in Brüssel. In ihrer Freizeit engagiert sie sich ehrenamtlich für kulturelle Initiativen und zivilgesellschaftliche Gruppen in ihrer Nachbarschaft in Quezon City, wo sie derzeit lebt und arbeitet.
Teresa Barrozo ist Klangkünstlerin, Komponistin und neugierige Zuhörerin mit einem breiten Spektrum an Arbeiten für Film, Theater und Tanz. Teresa Barrozos Kompositionen wurden unter anderem bei den Festivals der Asian Composers League in Japan und Thailand sowie bei den Asia-Pacific Weeks in Deutschland präsentiert. Filme mit ihrer Musik waren Teil bedeutender internationaler Filmfestivals wie Cannes, Venedig, Toronto, Locarno und Berlin, um nur einige zu nennen. Sie erhielt den Ani ng Dangal Award der philippinischen National Commission for Culture and the Arts und nahm am Biosphere Soundscape International Internship Program teil. 2014 wurde sie als Stipendiatin des Asian Cultural Council in New York ausgewählt, wo sie sich auf Klangkunst und -design, Performance sowie zeitgenössische Klangpraktiken konzentrierte. Mit Eisa Jocson arbeitete sie erstmals im Rahmen des Stücks „Your Highness“. Im Festival „Sincerely Yours, the Philippines“ ist Teresa Barrozos Musik gleich in drei Arbeiten zu erleben: in „The Filipino Superwoman Band“, im bewegenden Film „Aswang“ und in der mitreißenden Performance „The Singer“.
Hinweis zu sensorischen Reizen
- Nebelmaschine
- hohe Lautstärke
- blinkendes Licht
18.09. Siebdruck-Station
„Sincerely Yours, the Philippines“ Siebdruck-Station
Festival-Look to go: Am 18.09. und 20.09. gibt's im Mousonturm-Foyer eine kleine Siebdruck-Werkstatt. Einfach Shirt, Hoodie, Jutebeutel oder was auch immer aus Stoff mitbringen – und das Festival-Motiv (Design: Art Director Stefan Neubauer) direkt aufdrucken lassen.
Wann: Do 18.09. & Sa 20.09., jeweils von 18-22 Uhr
Wo: Mousonturm Foyer 1. STock
Wichtig: Bedruckt werden können alle glatten Textilien (am besten Baumwolle, ohne Nähte).
Siebdruck-Artists: Andreas Diefenbach und Veronika Weingärtner
Drei Fragen an Eisa Jocson
Wie wurde die „Filipino Superwoman Band“ gegründet?
„The Filipino Superwoman Band“ entstand im Anschluss an meine Stück „Princess“. In diesem Stück entdeckte ich die Stimme als einen wichtigen Aspekt von Verkörperung. Einmal freigesetzt, gab es kein Zurück mehr – und ein Thema, das ich lange gemieden hatte, wurde zur nächsten Herausforderung: die singende Filipina, ein weiterer „Arbeitsexport“ der Philippinen. Der mühsame Prozess, singen zu lernen, brachte viele Fragen hervor: Wessen Ohren bedienen wir? Wer bestimmt, was gut klingt? Welche Lieder singen wir, für wen und warum?
2018 habe ich zunächst Bunny [Cadag] eingeladen an der Arbeit teilzunehmen, die Barsängerin war und in einer eigenen Performance 24 Stunden gesungen hat. Sie empfahl Kite [Cathrine Go] (eine Sängerin, die an vielen Wettbewerben teilgenommen hat und Interpretin von Disney-Prinzessinnen). Teresa [Barrozo] kannte ich aus meiner Produktion „Your Highness“, also bat ich sie, unsere musikalische Leitung zu übernehmen – sie empfahl wiederum Chesca [Franchesca Casauay] als Produktionsleiterin und Dramaturgin. Ich erklärte ihnen, dass wir eine reine Frauen-Coverband gründen würden, die die affektive Arbeit philippinischer Coverbands thematisiert.
Als ich sie nach ihren persönlichen Hymnen fragte, landeten wir bei dem Song „Superwoman“ von Karyn White, der auf Bunnys Liste stand. Der Text über die affektive Arbeit einer Frau gegenüber ihrem Partner berührte uns sofort, da er die Sorgearbeit widerspiegelt, die philippinische Arbeitsmigrantinnen leisten. So wurde der Song zum Kern unseres Repertoires – und zum Namen unserer Band.
Im Stück begegnen uns verschiedenen Formen des Singens. Kannst du sie für uns einordnen?
· Diva-Kontesera-Sektion – Amerikanische Powerballaden oder Standards, mit denen man Gesangswettbewerbe gewinnt (Ort: die Bühne)
· Mittags-Varieté-Musikshow – Unterhaltung zur Mittagszeit
· Intimes, persönliches Singen im häuslichen Raum – beim Erledigen von Hausarbeit und Sorgearbeit
· Worship-Sektion – Evangelikales Singen, leidenschaftliche Lobpreis- und Anbetungslieder (Ort: Kirchen)
· Pasyon-Sektion – eine Tradition der Fastenzeit, bei der über Stunden vom Leben und Leiden Christi gesungen wird. Sie ist verwandt mit dem epischen Singen indigener Kosmologien verwandt und hat dieses ersetzt. Dauerhaft, repetitiv, nasal-metallisch klingend (Ort: offene, gemeinschaftliche Räume)
Sponsor-Sektion – Kurze, eingängige Werbejingles (Ort: TV- und Radio-Werbung)
Karaoke ist eine wichtige Säule im Stück und ein wesentlicher Teil der philippinischen Kultur. Warum?
Karaoke ist ein Mittel, um sich individuell auszudrücken auch für das gemeinsame Beisammensein. Auf den Philippinen ist es ein beliebter Zeitvertreib – zu Hause oder bei gesellschaftlichen Anlässen wie Geburtstagen, Weihnachtsfeiern und sogar Beerdigungen. Es wird auch als eine Form der Therapie eingesetzt, um beispielsweise ein gebrochenes Herzen zu heilen oder aufgestaute Wut loszuwerden.
Ich denke, dass unsere tiefe Liebe zu Karaoke möglicherweise von unseren mündlichen Traditionen kommt – mit ihrem Ursprung in präkolonialen epischen Gesängen, über Kirchengesänge bis hin zu Gesangswettbewerben. Singen ist in den Philippinen seit langem ein Mittel, um Wissen weiterzugeben und das Überleben zu sichern.