Nora Kühnhold, Lisa Stehr, Dominique Enz, Thekla Molnar, Nina Ozan
Ausgehend von unseren eigenen Erfahrungen der Schlaflosigkeit, wollen wir mit dem Publikum durch Bornheim laufen. Wir konnten nicht mehr schlafen. Nicht schlafen können bedeutet, dass der Alltag zerfällt, dass der Körper taub wird, dass der Kopf sich nichts mehr merken kann, dass die Identität zerfällt, dass ich Angst habe vor dem Schlafen, dass ich Angst habe vor der Nacht. Irgendwann sind wir losgelaufen: losgelaufen, damit der Kopf aufhört sich zu drehen, weggelaufen von den Partner:innen, neben denen wir nicht mehr schlafen konnten, hin gelaufen zu den Partner:innen, wo wir glaubten schlafen zu können, weitergelaufen damit der Körper müde wird. Schlaflosigkeit hat unterschiedliche Formen, produziert verschiedene Gefühle und trifft unterschiedliche Körper, sie kann beängstigend oder lähmend sein, aber auch inspirierend. Was ihr gleich ist; sie ist der Zustand von Einzelnen und lässt sich schwer kollektivieren oder teilen. Wen rufst du um 4 Uhr morgens an? Ausgehend von dieser Diagnose fragen wir uns: Ist Schlaflosigkeit ein vergeschlechtlichtes Problem? Welche Erfahrungen von Ausschluss, Norm, Diskriminierung, Verrücktheit erleben wir im Wachzustand, die uns den Schlaf rauben? Kann Schlaflosigkeit emanzipatorisches Potenzial haben, weil es sich einer Produktivitätslogik verweigert? Was hat Schlaflosigkeit mit Sorge zu tun? Welche Strategien gibt es: weitermachen, zerfasern, raven gegen die Schlaflosigkeit? Wer sind die Personen, die von Schlaflosigkeit betroffen sind? Ist Schlaflosigkeit nur ein Thema der Nacht?
Vorbei geht es an der Pizzeria Schlaflos in der Höhenstraße, durch den Günthersburgpark und Bornheim Mitte. Dabei haben wir die Stimme im Kopf, die sich dreht, die denkt, die zu schnell, zu laut und rastlos ist, die aber auch Erfahrungen teilt: Auch andere sitzen nachts am Fenster und rauchen eine Zigarette.
—> Mehr Infos zur Veranstaltung und zum gesamten Festival-Programm über Nocturnal Unrest
Infos
Sprache:Deutsch
Content Warning: Der Audio-Walk thematisiert psychische Störungen und Schlaf-Probleme.
Es wird ein Gespräch mit dem Team von "Rundbogen gegen Schlaflosigkeit" geben. Mehr Infos folgen auf der Nocturnal-Unrest-Website!
Beteiligte und Förderer
An der Konzeption des Audio-Walk waren außerdem Hannah Ruoff und Lisa Stehr beteiligt.
Nocturnal Unrest ist eine Kooperation des nOu-Kollektivs und Ladiez e.V. Kulturelle und Politische Bildung für Frauen, des Künstlerhaus Mousonturm, der feministische philosoph_innen Frankfurt und dem Hafen 2 Offenbach.
Gefördert durch Fonds Soziokultur im Rahmen des Programms Neustart Kultur der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, das Goethe Institut, das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst, die Hessische Theaterakademie, Frauenreferat und Stabsstelle Inklusion der Stadt Frankfurt am Main, dem QSL Fonds und dem AStA der Goethe-Universität Frankfurt am Main sowie durch die Crespo Foundation.
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Biografien
Nora Kühnhold (*1990) ist geboren in Heppenheim und aufgewachsen in Zwingenberg. Sie assistierte dem argentinischen Theaterprofessor Raúl Reyes von 2011 bis 2012, von 2012 bis 2016 studierte sie Philosophie und VWL an der Goethe-Universität in Frankfurt, bevor sie ihr Regie-Studium an der HfMT Hamburg aufnahm. Im Februar 2021 beendete sie das Studium mit dem Stück Alerta//Desire//Strandplenum – eine Stückentwicklung zu Politisierung und queerem Begehren für junges Publikum. Im Rahmen des Studiums und in anderen Kontexten entstanden unterschiedliche Produktionen: eine feministische Adaption von Dantons Tod (2018), eine Stückentwicklung zum Themenfeld Männlichkeit und Emotionen Ernste Spiele unter Männern * (2019), eine sex-positive Umdeutung von Jelineks Begierde und Fahrerlaubnis (2019), eine Performance über Hausarbeit Was ist das Gegenteil von Hausarbeit? (2018) und eine Adaption der Erzählung Avantgarde (2020) von Marieluise Fleißer mit einer queeren Punk-Band. Mit Thekla Molnar verbindet sie eine musikalische, politische und freundschaftliche Beziehung.
Thekla Molnar (*1994) interessiert sich seit ihrer Jugend für verschiedene musikalische und sound-künstlerische Ausdrucksformen. Nach einigen Semestern an der Bremer Hochschule der Künste, mit dem Hauptfach Blockflöte, wandte sie sich anderen Zugängen zu: Fragestellungen nach Konfliktlinien in feministischen und queeren Bewegungen, dem Geschlechterverhältnis im Sound und dem Zusammenspiel von technischem Fortschritt und Patriarchat. In ihren künstlerischen Arbeiten greift sie auf ein breites Repertoire an Ausdrucksmitteln zurück. Neben softwarebasierten Audio-Instrumenten finden sich Live-Performances mit analogen Instrumenten als auch immer wieder die intensive Auseinandersetzung mit der menschlichen Stimme. Im Zentrum steht den Sound in seiner Funktionalität zu verstehen und ihn als aktiven Gegenpart zum Visuellen zu entwerfen. Prägend war neben der Beteiligung an Theaterproduktionen der Theaterakademie Hamburg auch ein Auslandsaufenthalt an der Zürcher Hochschule der Künste im BA Kunst und Medien.
Nina Ozan (*1991) erarbeitet sich seit 2010 Kompetenz im ton-technischen Bereich durch diverse Projekte, Veranstaltungen, im Rahmen einiger Seminare an der HAW Hamburg (Tontechnik) und einer aktuellen Ausbildung als Veranstaltungs-Technikerin bei Kampnagel in Hamburg. Sie berät und übernimmt die sound-technischen Aspekte bei künstlerischen Projekten insbesondere für Künstler:innen aus der FLINTA *-Community mit einem Blick auf Empowerment. Außerdem absolvierte sie 2016 ihren Master of Fine Arts mit ihrer Abschlussarbeit „Normal Nord“, Novelle und Rauminstallation, an der HfbK in Hamburg und verfolgt weiterhin künstlerische Prozesse, die aktuell als langzeitig private Recherche gelten, bis jetzt ohne Ziel der Veröffentlichung. Nina ist in Frankreich geboren, lebt seit 2013 in Hamburg und ist queer und weiß.