Mon. 09.01.2017

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,


familiäre Altlasten und gesellschaftliche Deals befördert die diesjährige Ausgabe des Freischwimmer Festivals 2016/17 an die Oberfläche. Präsentiert wird es in seiner neunten Ausgabe von den Produktionshäusern Mousonturm, Gessnerallee (Zürich), Sophiensaele (Berlin), BRUT (Wien), FFT (Düsseldorf) und steht mit ganz Neuem aus Theater, Performance und Live Art unter dem Motto Family Affairs (10.-14.1.).

Hart zur Sache geht es mit dem komplizierten Vermächtnis eines Großvaters, der erst als Pflanzer und Abenteurer in Deutsch-Ostafrika scheiterte, dann da-bei, daraus Weltliteratur zu machen. Er endete als ranghoher Nazi. Schon sein unveröffentlichter Roman trägt jenen verhängnisvollen, rassistisch unterlegten Mix aus Politik und Ästhetik in sich, den der Faschismus später par excellence instrumentalisierte. Stoff und Herausforderung für das Züricher Theaterkollektiv K.U.R.S.K., in Leopardenmorde  (10. & 11.01., 19 Uhr) nach gegenwärtigen Möglichkeiten politischer Kunst zu fragen.

Das Konzert von Birth of Jones (Kristin Gerwien)  am 10.1. muss leider
krankheitsbedingt abgesagt werden.

Auf der Suche nach neuen Vater-Figuren und -Rollen arbeitet die Tänzerin und Performerin Veza María Fernández Ramos  mit Frans Poelstra, Roland Rausch-meier und Yosi Wanunu zusammen. Alle drei prägen die österreichische und internationale Choreografie- und Theaterszene und sind selbst auch Väter. In ihrer Performance The Father Care Piece Piece oder: Keine Angst, Papa spielt Theater! (11. & 12.1., 21 Uhr) spiegeln die vier tänzerisch, musikalisch und melodramatisch Macht- und Fürsorgeverhältnisse und entwerfen zugleich alternative Möglichkeiten eines Zusammenlebens.

Mit Attitüde, Sprache und Setting der gegenwärtigen (Selbst)Optimierungs-industrie spielen The Agency (Magdalena Emmerig, Belle Santos, Rahel
Spöhrer, Yana Thönnes) in Love Fiction. Human Process Interventions by
Rylon® (12.1., 20:30 Uhr; 13.11., 21 Uhr; 14.1., 17 & 21 Uhr ): Rylon (Miriam Heinrich Horwitz, Nile Koetting) remodelliert das gegenwärtige Nebeneinander von normativer Paarbeziehung, polyamourösen Strukturen, Neokonservatismus und generally attested attachment disorder (GAAD).
Mit seinem Coaching-Programm Love Fiction führt es in die Basics der Rylon Ways of Love and Pleasure ein, Supervisoren begleiten den Change-Prozess zu neuen Skills und Shifts.
Die Kindheitserinnerungen an ihre Großmutter nimmt die Tänzerin und Choreo-grafin Anna Natt zum Anlass, in Dame Gothel…it hurts to be beautiful (13. & 14.1., 19 Uhr) nicht nur Flamenco mit zeitgenössischen Bewegungspraktiken zu verbinden, sondern das Publikum zusammen mit drei Harfenistinnen in klangvolle, bildstarke magische Parallelwelten zu locken. Wie im Märchen vom Rapunzel und der Zauberin Gothel liegt die größte Gefahr darin, dem eigenen Begehren nachzugeben.

Die Dialoge der Vorabendserie Marienhof in den 1990er Jahren sollen heimlich von der Lobbyorganisation „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft” im Zuge einer Neoliberalisierung Europas umgeschrieben worden sein. 2011 wurde die Serie überraschend abgesetzt und geriet in Vergessenheit. 2016 erhält plötzlich die Gruppe ScriptedReality (Schmidt/Salasse/Meder/Krause/Bussmann/
Aumüller) eine Einladung, auf dem Marktplatz des Marienhof aufzutreten, doch der Ort ist unbewohnbar und verwüstet. Da beschließen sie eine komplette Gegenversion der Serie zu schreiben: WIE WIR ES WOLLEN (13. & 14.1., 21 Uhr), ein Lehrstück-Happening in postapokalyptischem Soap-Setting, das vom Publikum gespielt wird.

Am 13.1. feiern wir ab 22 Uhr die Freischwimmer Party im Mousonturm-Lokal – Creutzburg&Zahn spielen in Pappkostümen Popmusik! Und am Samstag 14.1., 14 Uhr gibt es ein Künstlergespräch mit Anna Natt (Berlin), The Agency (Düsseldorf) und ScriptedReality [Schmidt / Salasse / Meder / Krause/ Bussmann / Aumüller] (Frankfurt).

Wir freuen uns auf Ihre Akkreditierungen und sind auch für weitere Fragen gern für Sie da.

Künstlerhaus Mousonturm

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