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Andreas Dorau widmet sein neues Album den Hamburger Öffentlichen Bücherhallen. Um genau zu sein, der Zentralbibliothek an der Straße „Hühnerposten“. Hier verbrachte Dorau in den letzten Jahren einen Großteil seiner freien Zeit. „Die Bücherhalle ist das kleine Internet für Haptiker“, so Dorau. Und so fand er die Themen für das neue Album eben hier: in der Abteilung für Hamburgische Geschichte einen Abschnitt über den gruseligen Serientäter Fritz Honka („Tannenduft“), in der naturwissenschaftlichen Abteilung etwas über das ebenso essenzielle wie beliebte Element Wasserstoff („Wasserstoff“) oder beim sinnierenden Aus-dem-Fenster-Glotzen („Bienen am Fenster“). Selbst die Anfahrt war Grund genug für einen potenziellen Hit („Faul und bequem“). Mit dem Taxi zur Leihbibliothek – so geht Stil. Auch musikalisch kann einem die Leihbücherei auf die Sprünge helfen. Kost’ ja (fast) nix (siehe unten). CDs, Noten, alles ist da. Statt also auf Flohmärkten nach Kuriositäten zu suchen oder im eher unsinnlichen Internet danach zu forschen, beendete Dorau seine Ausflüge zur Bücherhalle damit, dass er seine Designerplastiktüten mit CDs belud. Und zwar wahllos: „Greatest Hits“ längst vergessener amerikanischer Vollbart-Bands, neueste Veröffentlichungen aus dem grässlichen Bereich des „Indie-Rock“, Top-Ten-Grausamkeiten von vor fünf Jahren. Aber warum denn das? Dorau: „Ich wollte auf jeder CD die gute Stelle finden, die eine Harmonie, sie analysieren und dann eventuell für meine eigenen Songs, nun ja, ausleihen.“

„Aus der Bibliothèque“ ist Doraus erstes Album seit 1987, das er mit einer Band aufgenommen hat. „Schon auf meinem letzten Album ,Todesmelodien‘ von 2011 hatte ich mit der Idee eines Bandklangs experimentiert. Das wollte ich jetzt auf dieser Platte noch verstärken und einen ,eigenen‘ Bandsound schaffen.“ Für den Bandklang sorgte Die Liga der gewöhnlichen Gentlemen, Brüder im Geiste und übrigens auch Freunde der Leihbücherei. Umgesetzt wurde Doraus Version einer singenden und klingenden Bibliothek im Studio des gewöhnlichen Gentlemans Zwanie Johnson mithilfe von Banjos, Saxophonen, Gitarren, Rhythmusmaschinen, einem alten Klavier, einem Höfner-Geigenbass und etlichem mehr. Das Ergebnis: poppiger Krautrock,
verbeatleter Sunshinepop, Softrock und Elektronik. Ein Spitzenalbum!