Frankfurter Positionen 2017

ICH RELOADED

DAS SUBJEKT IM DIGITALEN NETZ
THEMA DER FRANKFURTER POSITIONEN 2017

 

Mit oder ohne Stick, die eigentümliche Körperhaltung mit dem weit von sich gestreckten Arm lässt sofort erkennen, hier wird ein Selfie inszeniert. Das immer verfügbare Smartphone macht es möglich. An allen Orten, auf der Straße, im Restaurant oder Zuhause wird sich in Szene gesetzt, doch auch das privateste Selbstbild bleibt nicht lange privat.

Weil andere daran teilhaben sollen, wird das Foto mit einem Klick ins Netz gestellt; Daten, die nicht mehr verloren gehen. Sie sind preisgegeben, werden gespeichert, auf vielen Datenbanken gespiegelt, durch unscheinbare Algorithmen gejagt und mit anderen personenbezogenen Daten verbunden, so dass aus ihnen ein personenbezogenes Datenprofil wird. Zumeist wird mit den so genannten AGB’s von Facebook, Whatsapp und Google akzeptiert, dass diese Daten weiter verwertet dürfen. Für welche Zwecke, ob kommerziell oder politisch, bleibt dem Nutzer in vielen Fällen unbekannt. Viele finden es eher amüsant, wenn sie nach dem Kauf eines Buchs bei Amazon den Hinweis erhalten, dass sie ein bestimmter Film oder Hygieneartikel auch interessieren könnte. Weniger erfreulich ist es, wenn eines Tages ein Versicherungskonzern den Abschluss einer Versicherung mit Verweis auf das Datenprofil ablehnt.

Kann man diesem digitalen Datenprofil mit seinem wirklichen Ich noch entgegentreten oder ist das eigene Selbstbild unglaubwürdig geworden? Ist das Internet nur die schöne neue Welt der Kommunikation, die unbestreitbar viele Vorteile mit sich gebracht hat, oder verbirgt sich dahinter auch eine Grauzone mit Umwälzungen, die sich der Kenntnis und der Mitwirkung des Einzelnen entziehen?

Die Frankfurter Positionen 2017 wollen sich dem Phänomen des Selfie und der Selbstbespiegelung der Smartphone-Generation intensiver widmen und die Frage stellen, was sie antreibt, sich fortlaufend selbst darzustellen und öffentlich zu präsentieren. Dabei ist das Selfie zugleich Sinnbild für eine grundsätzliche Bereitschaft, seine sehr persönlichen Daten dem Internet zu überlassen. Passen die – aus der analogen Welt stammenden – Begrifflichkeiten noch, mit denen versucht wird, dem Subjekt die Fähigkeit zur Selbstvergewisserung und zu mehr oder weniger freien Entscheidungen zuzusprechen? Oder muss man sich mit der Existenz eines digitalen Subjekts, wie Olga Goriunova es nennt, anfreunden, welches selbständig und unabhängig aus den im Netz verfügbaren Daten unser Ich mit definiert.

Wird das Ich neu hochgeladen? ICH RELOADED – Das Subjekt im digitalen Netz – zu diesem Leitthema sind die beauftragten Künstler und vortragenden Wissenschaftler gebeten worden, mit ihren Positionen dem Selbst und dem Subjekt im digitalen Zeitalter näher auf die Spur zu kommen.