Di. 18.04.2017

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

der Wissenschaftler, Soziologe, Anthropologe und Philosoph Bruno Latour wird immer wieder auch in Kulturinstitutionen aktiv, um sein Denken zu veranschaulichen. 2015 erdachte er in Paris einen Theaterabend zum Klimawandel, 2016 kuratierte er im ZKM Karlsruhe die Ausstellung Reset Modernity. Nun ist einer der bekanntesten zeitgenössischen französischen Philosophen und Wissenschaftshistoriker im Mousonturm zu Gast. Auf Einladung Philippe Quesnes haben er und die Regisseurin Frédérique Aït Touati, mit der er seit Jahren zusammenarbeitet, die anschauliche Performance und Video-Simulation INSIDE (Deutsche Erstaufführung, 23.4., 18 Uhr, MT-Koproduktion) geschaffen. Für Latour ist die Höhle weit mehr als jener abseitige, untergründige Ort, den die Menschheit einst hinter sich ließ. Sie ist auch kein potenzieller Rückzugsort, sondern vielmehr das passende Bild für unser Leben innerhalb der hauchdünnen Stratosphäre, in die wir eingebettet sind. Für uns gibt es kein Außen jenseits dieser höchst sensiblen, fragilen „kritischen Zone“, in der wir existieren könnten. Anhand der eigens für diese Lecture entwickelter Kartografien wird Latours Denken über das Verhältnis des Menschen zu seiner Welt und Umwelt auf kongeniale Weise plastisch. Die Lecture richtet sich an ein breites Publikum und wird in englischer Sprache gehalten.


Heiner Müllers Texte haben nichts an Relevanz und Aktualität verloren. Immer noch zu entdecken sind prophetische Analysen, die Elend und Schrecken des triumphierenden Kapitalismus im Voraus zur Sprache bringen. Der im April neu erschienene Band Heiner Müller: „Für alle reicht es nicht“ – Texte zum Kapitalismus (24.4., 20 Uhr) legt eine Auswahl bekannter und weniger bekannter Texte dazu vor. In einer Lesung und Diskussion werden die Herausgeber des Buches, Helen Müller und Clemens Pornschlegel, mit der Künstlerin Brigitte Maria Mayer, Anna Müller und dem Schauspieler Maximilian Pulst das Buch erstmals dem Publikum präsentieren.

Das damals 60jährige Ehepaar Pétro und Nadia verweigerte nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl die Evakuierung aus der Todeszone und blieb allein im Heimatdorf Zvizdal zurück. Von 2011 bis 2016 begleiteten die belgischen Multimedia-Künstler Bart Baele und Yves Degryse alias Berlin das Paar und filmten ihr Leben im Geisterort. Aus diesem dokumentarischen Material und Live-Aufnahmen aus maßstabsgetreuen Modellen von Nadias und Pétros Lebensraums schufen sie die eindringliche Filmperformance Zvizdal [Chernobyl – So far so close] (27.& 28.4., 20 Uhr, MT-Koproduktion) über Einsamkeit, Armut, Überleben, Hoffnung und die Liebe zweier alter Menschen inmitten einer von bedrohlichen Strahlen durchdrungenen Welt.

Über Ihre Vorankündigung und Begleitung des Programms würden wir uns freuen.

Künstlerhaus Mousonturm

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