Fr. 06.02.2015

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

einst „enfant terrible“ der belgischen Theaterszene gilt Jan Fabre heute als einer der wichtigsten Künstler Europas und hat mit seinen genresprengenden Arbeiten nicht nur Theatergeschichte geschrieben: Bildende Kunst, Performance, Tanz und Oper verbinden sich zu bildmächtigen, gesellschaftliche Tabuthemen umkreisenden Werken. Jan Fabres gleichermaßen faszinierende wie polarisierende Kunst in Form verschiedener Stücke kurz nacheinander erleben zu können, dazu bietet sich im Mousonturm kurz vor Karfreitag eine hervorragende Gelegenheit. Wir zeigen drei Soloarbeiten, die zugleich Oden auf herausragende Tänzer- und Bühnenpersönlichkeiten sind, die Fabres Schaffen seit Jahren prägen und Einblick in sein künstlerisches Grundverständnis geben: Die Erforschung des fragilen Verhältnisses zwischen Leben, Tod und künstlerischem Schaffen.

Nie zuvor strahlte der Tod so überwältigend schön, poetisch und erotisch wie in  Preparatio
Mortis (25. / 26.3), das Jan Fabre für die Tänzerin Annabelle Chambon schuf: Wie eine Aufer-standene erhebt sie sich zur intensiven Orgelmusik von Bernard Foccroulle aus einem mit tausenden von blühenden Blumen überhäuften Grab und tanzt als Hommage an die unbedingte Lust am Leben ein grandioses Duett mit dem Tod.  Der Tänzer Cédric Charron prägt Fabres Arbeiten seit über vierzehn Jahren und fasziniert durch seine körperliche Intensität und Verwandlungsfähigkeit. Ausgangspunkt für Attends attends attends… (pour mon père) (28. / 29.3.) ist ein Brief Charrons an seinen Vater, in dem er diesen bittet, sein Leben als Künstler endlich zu akzeptieren. Was in dichtem Nebel als intimer Monolog des Sohnes an den Vater beginnt, erweitert sich zu einer intensiven Meditation über das Verhältnis der Generationen, die Vergänglichkeit und eine Welt, in der sich Begehren und Tod vereinen. Auch mit Antony Rizzy verbindet Jan Fabre eine über zwanzigjährige, intensive Arbeitsbeziehung. Drugs kept me alive (31.3. / 1.4.), diesen Monolog für einen Lebenskünstler, erstmals aufgeführt im März 2013 am Mousonturm, schrieb Fabre dem Ausnahmeperformer und Seiltänzer über schwindelndem Ab-grund, der sein Bedürfnis nach Intensität und Rausch auslebt und dabei dem Tod immer wieder von der Schippe springt, auf den Leib.

 

Made in Frankfurt bündelt im Märzprogramm Arbeiten von hiesigen Künstlerinnen und Künstlern:
Nach den beiden ausverkauften Aufführungen letztes Jahr zeigen wir nochmals die vom Mousonturm koproduzierte Performance Mit den Beinen im Bauch. Eine Nabelschau (12. / 13.3.) von Susanne Zaun & Marion Schneider. Die Regisseurinnen hatten sich beim Casting einer legendären TV-Modell-Show unter den Wartenden umgehört, deren Gerede und Geläster mit spitzer Feder notiert und es mit unser aller selbstbezüglichem Ein- und Ausgrenzungsgeplapper zu einer furiosen Sprechtirade für einen achtnabeligen Chor verwoben.

Rastlos mobil und doch bewegungslos. Wie nie zuvor erleben wir durch das Internet Kommunikation und Aktivität bei gleichzeitigem körperlichem Stillstand. Die Choreografin Antje Velsinger, die bildende Künstlerin Janina Arendt und die Soundkünstlerin Katharina Kellermann verbinden für ihre vom Mousonturm koproduzierte Performance-Choreografie HAUS, KEIN HAUS (18. / 19.3.) Alltagsobjekte und menschliche Körper zu absurden Bewegungsmaschinen, mit denen sie zu klären versuchen, wann wir etwas bewegen und was uns bewegt. Dabei folgen sie Fragen der Kybernetik, die schon Künstler wie Oskar Schlemmer und Jean Tinguely interessiert haben.

In Kooperation mit der Hessischen Theaterakademie (HTA) stellt der Mousonturm im März wieder Abschlussarbeiten von Studierenden der Angewandten Theaterwissenschaft der Universität Gießen vor: My Imaginary Cities  (13. / 14.3.) des Kollektivs ongoing project verbindet Erzählungen blinder und sehbehinderter Menschen aus Beirut und Frankfurt zu einem auditiven Stadtrundgang, bei dem aus der Kollision beider Städte eine imaginäre dritte entsteht. Lea Schneidermanns Performance Pixel Heroes oder das Ende einer Dynastie (28. / 29.3.) zeigt das eigene Leben als pralle Ausstattungsminiatur, als Filmtheater im Performance-Gewand, als Rückeroberung eines Terrains, das längst an Hollywood verloren schien.

Anlässlich der Auszeichnung von Célestine Hennermanns Kinder-Tanztheaterstück miniMAX (ab 2 Jahre) mit dem Kinder- und Jugendtheaterpreis Karfunkel 2015 zeigt der Mousonturm das Stück am 4.3. (16.30 Uhr, Probebühne 1, 4.OG) als Studio-Showing im Rahmen von Starke Stü-cke.

Nach dem Erfolg des restlos ausverkauften Abends im Herbst 2014 kommt auch das Marcuse-Team, wie Ebermann, Spechtl und Stadlober sich scherzhaft selber nennen, nochmal mit seiner großartigen Bühnenshow Der eindimensionale Mensch wird 50! (21.3.) in den Mousonturm zurück, um den großen Denker der Kritischen Theorie zu feiern und Passagen seiner Studie zur Ideologie fortgeschrittener Gesellschaften mit Songs, ganz unakademisch und höchst unterhaltsam, zu erforschen.


Lesungen und Konzerte

Auch Blumfeld-Sänger Jochen Distelmeyer hat einen Roman geschrieben und präsentiert seinen Erstling Otis (4.3.) in einer musikalischen Lesung: Es ist die Geschichte der irrlichternden Odys-see des Tristan Funke, der im Berlin der Gegenwart eine alte Liebe vergessen will und dabei auf Männer und Frauen, Dichter und Dartspieler, Mythen und Politik trifft.

Die Bücher des Musikers, Schauspielers und Schriftstellers Heinz Strunk sind Bestseller, seine Hörspiele preisgekrönt und Das Strunk Prinzip (5.3.) scheint die logische Konsequenz aus allem zu sein: ein satirischer Erfolgsratgeber, indem Strunk überdies feinsinnige Kultur- und Medi-enkritik betreibt. Die schönsten Passagen daraus liest er vor singt, spielt Querflöten (zwei!) und begleitet sich an dem Abend darüber hinaus noch auf dem Akkordeon.


Das Kunst-Dada-Gaga-Kollektiv HGich.T (6.3.), eine bunte Truppe aus stets wechselnden Per-formern, Darstellern und Musikern, schüttelt auch in seinem neuen Album Megabobo eine Provo-kation nach der anderen zu den Themen des Alltags aus dem Ärmel. Und das zum schlichtesten, derbsten Sound der Zeit. Sie ernten wohl Kritik damit, polarisieren und provozieren aber zu gern, als sich den Spaß verderben zu lassen. Mögen sich Intellektuelle doch die Zähne dran aus-beißen, die Fanbase jedenfalls erscheint in oranger Bauarbeiterkluft zum Ortstermin.

Nach langer Bühnenpause stürzte sich der schwedische Singer und Songwriter José González wieder in Solo-Projekte und veröffentlichte im Februar sein drittes Studio-Album Vestiges & Claws. Zuerst im minimalistischen Stil der beiden vorherigen Alben konzipiert, klangen die Songs jedoch mit Gitarren, Schlagzeugbeats und Hintergrundgesang besser. Wie, davon kann man sich nur noch mit sehr viel Glück bei einem seiner raren Deutschlandkonzerte im Mousonturm (8.3.) überzeugen, das bereits komplett ausverkauft ist. Auf der Tournee begleitet ihn die isländische Sängerin und Multiinstrumentalistin Ólöf Arnalds.
Ariel Pink gilt als Freak, Bastler und ungekrönter König des Lo-Fi der amerikanischen Indie-Szene. Experientierfreudig bedient er sich bei allen gängigen Genres und lässt seine Songs zwi-schen rauschendem Sunshine-Pop, spleenigem Psychedelic Rock und pastellfarbenem New Wave oszillieren, mit tollen Harmonien, irritierenden Gimmicks und schrulligen Referenzen, in
Exile On Frog Street quakt ein Frosch, dort singt ein Chor… alles in allem ein genialer Streich der Popmusik und live im Mousonturm zu hören und sehen (9.3.)!
11 Freunde ist das Magazin für Fußballkultur von Philipp Köster & Jens Kirschneck aus Berlin, das seit 2000 die hiesige Fußballszene mit großen Reportagen und Interviews jenseits von Tabellen und Statistiken bereichert. Mit Texten und Filmen bereisen die beiden mit unschlagbarem Humor gesegneten Fußballfanatiker das Land und erzählen rasant und immer auf Rasenhöhe von Telefonaten mit Lothar Matthäus, von Besuchen bei sonntäglichen Fußballfrühschoppen und von verregneten Auswärtsfahrten nach Rostock. (14.3.)

And The Golden Choir ist das Soloprojekt von Tobias Siebert und auf der ANOTHER HALF LIFE Tour 2015 auch im Mousonturm (20.3.) zu bestaunen. Mit seiner Idee vom Hineinversetzen (Dutzende imaginierter Alter Egos) kreiert er eine Band, die es gar nicht gibt. Er erfindet sich im-mer wieder neu und ist Schlagzeuger, oder Gitarrist, wenn seine Texte gesungen werden müssen, dann eben Sänger. Nach und nach spielt er alle Instrumente ein. Und die nicht existierende Band dreht sich knisternd neben ihm im Kreis und hält die Wucht der vielen aufgenommenen Sieberts zusammen, während der echte Protagonist verschiedene um sich aufgereihte Instrumente bedient.

Eine neue Reihe für junge Literatur startet übrigens das Hessische Literaturforum zwischen Brokat und Bier im Lokal des Mousonturms: Erster Gast bei flausch & fiktion, so heißt das Format, ist die Lyrikerin und Open Mike-Finalistin von 2009 Carolin Callies mit ihrem skurril-verschrobenen, sprachwitzigen Debüt fünf sinne & nur ein besteckkasten (24.3.).


Programmübersicht März – Terminübersicht

Célestine Hennermann (DE)
miniMAX
Mi. 4.3., 16.30 Uhr
TANZTHEATER FÜR KINDER AB 2 JAHRE
Preisträger des Karfunkel 2015
Studio-Showing im Rahmen von Starke Stücke
Probebühne 1 (4.OG)

Jochen Distelmeyer (DE)
Otis
Mi. 4.3., 20.00 Uhr
MUSIKALISCHE LESUNG
Saal bestuhlt

Heinz Strunk (DE)
Das Strunk Prinzip
Do. 5.3., 20.00 Uhr
SHOW
Saal bestuhlt

HGich.T (DE)
Fr. 6.3., 21.00 Uhr
KONZERT
Saal unbestuhlt

José González (CA/DE )
Support: Ólöf Arnalds (IS)
So. 8.3., 21.00 Uhr
KONZERT
Saal unbestuhlt

Ariel Pink (US)
Mo. 9.3., 21.00 Uhr
KONZERT
Saal unbestuhlt

Susanne Zaun (DE) & Marion Schneider (DE)
Mit den Beinen im Bauch.
Eine Nabelschau
Do. 12.3. / Fr. 13.3., 20.00 Uhr
THEATER / PERFORMANCE
Mousonturm-Koproduktion
Saal
Fr. 13.3., Warm-up, 19.00 Uhr & Künstlergespräch im Anschluss an die Aufführung

ongoing project (DE)
My Imaginary Cities
Fr. 13.3., 18.00 & 21.00 Uhr  / Sa. 14.3., 17.00 Uhr, Treffpunkt Foyer
Künstlergespräch am Sa. 14.3., 20.00 Uhr
AUDIO-WALK
In Kooperation mit der Hessischen Theaterakademie (HTA)

Philipp Köster (DE) & Jens Kirschneck (DE)
11 Freunde (DE)
Sa. 14.3., 20.00 Uhr
LESUNG
Saal bestuhlt

Antje Velsinger (DE)
HAUS, KEIN HAUS
Mi. 18.3. / Do. 19.3., 20.00 Uhr
CHOREOGRAFIE / PERFORMANCE
Mousonturm-Koproduktion
Saal
Künstlergespräch am Do. 19.3. im Anschluss an die Aufführung

And The Golden Choir (DE)
ANOTHER HALF LIFE Tour 2015
Fr. 20.3., 21.00 Uhr
KONZERT
Lokal im Mousonturm

Der eindimensionale Mensch wird 50!
Ein Konzert-Theater von und mit Thomas Ebermann, Andreas Spechtl und Robert Stadlober
Sa. 21.3., 20.00 Uhr
KONZERT-THEATER
Saal bestuhlt

flausch & fiktion – gute bücher im salon
Carolin Callies (DE)
fünf sinne & nur ein besteckkasten
Di. 24.3., 20.00 Uhr
LESUNG
Lokal im Mousonturm

Troubleyn / Jan Fabre (BE)
Preparatio Mortis
Mi. 25.3. / Do. 26.3., 20.00 Uhr
CHOREOGRAFIE / PERFORMANCE
Künstlergespräch am Do. 26.3. im Anschluss an die Aufführung
Saal

Troubleyn / Jan Fabre (BE)
Attends, attends, attends… (pour mon père)
Sa. 28.3., 20.00 Uhr / So. 29.3., 18.00 Uhr
CHOREOGRAFIE / PERFORMANCE
Künstlergespräch am So. 29.3. im Anschluss an die Aufführung
Saal

Lea Schneidermann (DE)
Pixel Heroes oder das Ende einer Dynastie
Sa. 28.3. / So. 29.3., 19.00 Uhr
PERFORMANCE
In Kooperation mit der Hessischen Theaterakademie (HTA)
Studio 1

Troubleyn / Jan Fabre (BE)
Drugs kept me alive
Di. 31.3. / Mi. 1.4., 20.00 Uhr
CHOREOGRAFIE / PERFORMANCE
Künstlergespräch am Mi. 1.4. im Anschluss an die Aufführung
Saal

Weitere Informationen und Fotos zum Download finden Sie auf www.mousonturm.de.

Wir freuen uns auf Ihre Akkreditierung und wünschen Ihnen ein schönes Wochenende!

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