Do. 16.03.2017

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

ob Saunabar, Fitnessstudio, Club oder Kunsthalle, das Offenbacher Gestalter-Trio YRD.Works (David Bausch, Yacin Boudalfa, Ruben Fischer) unterläuft mit außergewöhnlichen Kommunikationsorten die gängigen Produktions- und Verwertungssysteme der Kunst. Mit einer spektakulären Messerschmiede starten YRD.Works (Neueröffnung des Werkstattladens 7.4., um 19 Uhr, sonst geöffnet täglich 17–21 Uhr. Ruhetage: 11.–12./16.–18./20.–21.4.) live die serielle Produktion und den Vertrieb von Messern, dem Urwerkzeug des Menschen. Damit beginnt auch die zweijährige „Doppelpass“-Partnerschaft von YRD.Works und Mousonturm. Gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes werden YRD.Works im Wechsel den Mousonturm und das Hafengebiet in Offenbach bespielen.

Im Kopf das Bild der Welt als Höhle, verwandelt der Bühnenpoet Philippe Quesne mit 24 internationalen Künstlerinnen und Künstlern im nächsten Großprojekt des Mousonturms WELCOME TO CAVELAND! (8.-28.4.) das Haus in einen Maulwurfsbau: Mit einem aquatischen Ort für Fischzucht, einer Grotte, YRD.Works Messerschmiede, einem spiritistischen Geheimsalon und der Dreizimmerwohnung eines Opern-Visionärs und vielem mehr, erforscht das Caveland-Team subterrane Welten und schafft alternative Orte der Zusammenkunft.

Auftakt ist eine ungewöhnliche Parade der Maulwürfe  (8.4., 16 Uhr Start am Roßmarkt), in der die gigantischen, neugierigen, kulturinteressierten ‚Underdogs unter den Säugetieren‘als Neu-Frankfurter durch die Innenstadt ziehen —alle, jeden Alters, können sich ihnen anschließen! Im Mousonturm tauchen sie am nächsten Abend in Quesnes poetisch-philosophischer Inszenierung Die Nacht der Maulwürfe  (Deutsche Erstaufführung, 9.4., 18 Uhr; 10./19./20.4., 19 Uhr; ALL IN für Publikum jeden Alters, Mousonturm-Koproduktion) wieder auf. Beharrlich und sisyphosgleich rollen die stillen, blinden, pelzigen Riesen — die Kostüme werden für die Performer zur grandiosen Herausforderung — Gesteins-brocken und erforschen verspielt, gefräßig, aber auch tödlich aggressiv den Grund ihres Daseins. Dabei entwickeln sie auch Lust auf Kunst und Rituelles und bringen die Unterwelt mit feinstem psychedelischem Rock zum Beben.

2010 begleiteten Werner Herzog und sein Filmteam jene Forscher, die in den Höhlen von Chauvet unter schärfsten Auflagen die 30.000 Jahre alten, weltberühmten Höhlenzeichnungen untersuchen. Dabei entstand der Film Die Höhle der vergessenen Träume (13.4., 19 Uhr, pay as you wish), der nicht nur durch die plastische Wiedergabe der Malereien besticht, sondern auch durch die äußerst konkreten, lebendigen Motive selbst, die einen faszinierenden Zugang zur menschlichen Urgeschichte schaffen.
Das Forschungstheater / FUNDUS THEATER in Hamburg widmet sich als szenisches Labor der Forschung zwischen Kindheit, Kunst und Wissenschaft. Im Workshop-Projekt Das Orakel von Delphi – Experimentelle Zukunftsvorhersagen vom Nabel der Welt  (14.&15.4., jeweils 16-18.30 Uhr, ALL IN Mousonturm Koproduktion) knöpfen sich zwei junge Experten für griechische Mythologie, Jim Anton (10 Jahre) und Mika Duric (11 Jahre), das weltbekannte Orakel vor. Die Zutaten kennen sie: Eine Ziege, eine heilige Quelle, einen Krug mit schwarzen und weißen Bohnen, einen dreibeinigen Schemel und ein Trance erzeugendes Element. Ob sich damit dann die Zukunft vorhersagen lässt, das wollen sie mit dem Publikum herausfinden. Kinder und Erwachsene sind herzlich willkommen! (Anmeldung: caveland@mousonturm.de, Eintritt frei).
Für den französischen Philosophen und Wissenschaftshistoriker Bruno Latour ist die Höhle das passende Bild für unser Leben innerhalb der Stratosphäre. Auf Einladung Philippe Quesnes haben er und die Regisseurin Frédérique Aït Touati die Performance und gedankliche Video-Simulation INSIDE (Deutsche Erstaufführung, 23.4., 18 Uhr, Mousonturm-Koproduktion) inszeniert, in der sie Möglichkeiten und Bedeutung einer anderen Innenansicht erforschen.
Das damals 60jährige Ehepaar Pétro und Nadia verweigerte nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl die Evakuierung aus der Todeszone und blieb allein im Heimatdorf Zvizdal zurück. Von 2011 bis 2016 begleiteten die belgischen Multimedia-Künstler Bart Baele und Yves Degryse alias Berlin das Paar und filmten ihr Leben im Geisterort. Aus diesem dokumentarischen Material und Live-Aufnahmen aus maßstabsgetreuen Modellen von Nadias und Pétros Lebensraums schufen sie die eindringliche Filmperformance Zvizdal [Chernobyl – So far so close] (27.&28.4., 20 Uhr) über Einsamkeit, Armut, Überleben, Hoffnung und die Liebe zweier alter Menschen inmitten einer von bedrohlichen Strahlen durchdrungenen Welt.
Der Künstler und Tänzer Pepe Dayaw, Betreiber des Projektes Nowhere Kitchen, lädt in den Mousonturm zur Kochperformance Pepe Dayaw’s Spice
Routes ein (8.4., 19 Uhr, ALL IN für Publikum jeden Alters). Am 8.4. von 12-14 Uhr kann man ihm alle noch genießbaren Essensreste, ob roh oder zubereitet, bringen, die Leftovers sind auch die Eintrittskarte für den Abend, an dem er Gäste wie Zutaten zu einer Choreografie mit gemeinsamem Abendessen zusammenführt. Wer Lust auf mehr bekommt, besucht am besten Pepe Dayaws Workshop Recipes for Cooking without Recipes (9.4.,11Uhr, Anmeldung: caveland@ mousonturm.de).
Mit Ondulation und Totenfunk 8.&9.4., 13.–15.4., 19.–21.4., jeweils 21 Uhr. Infos zu Mitgliedschaft und Lage des Salons Tel. 0176-90967356.) eröffnen die famosen Les Trucs aus Frankfurt einen Geheimsalon wider den gesellschaftlichen Pragmatismus. Geladene Medien und Connaisseure spüren mit Reinkarnationstherapie vergessenen Stimmen nach und befragen sie zur Zukunft. In transzendenter Atmosphäre nehmen die Clubmitglieder an Listening Groups, konzertanten Séancen und der Übertragung geheimen Wissens durch Buch, Video und Sprache teil, sofern sie den Salon entdecken. Mit Eva Geist, Günter Schlienz, Jenny Graef, Gravesano aka Christian Schröder, Jonas Engelmann, John Skoog, DJ Boney Conrad, SicSic Tapes, Occarlt Simon/MMODEMM, FM Aether/ MMODEMM, Nikae/ Golden Pudel Club, Luzifer/Sign Bit Zero, Milena Büsch.

Ingolf Haedicke (72), Ex-Leiter der Phonothek am Musikwissenschaftlichen Institut der Humboldt-Universität und Mitarbeiter des DDR-Rundfunks entwirft als passionierter Bastler und Opern-Visionär in seiner Wohnung die ideale Oper, baut Bühnenmodelle und probt auf selbstgebauten Theremins. Filmemacher Daniel Kötter und Komponist Hannes Seidl filmten ihn dabei. Und bauen sein Berliner Appartement jetzt samt Wasseranschlüssen und Einrichtung im Mousonturm täuschend echt nach. Ihre Performance ingolf, zugleich Dokumentarfilm, Installation und temporäre Theater Wohngemeinschaft, changiert zwischen Fiktion und Realität, Alltag und Oper und bringt uns eine faszinierende Person nahe (8.–22.4.; 8.4., 18-21 Uhr; 9.4., 14-18 Uhr, weitere Zeiten auf www.mousonturm.de).

Der bildende Künstler und Performance Artist Ibrahim Quraishi richtet mit Utopia I (Auftakt 8.4., 18-21 Uhr, die Zeiten von 9.-22.4. siehe www.mousonturm.de) im Erdgeschoss des Mousonturms eine Forschungsstätte ein um nach konkreten Wegen für ein nachhaltiges und selbstverantwortliches Zusammenleben zu suchen. Besucherinnen, Besucher nebst internationalen Gästen aus Wirtschaft, Musik, Performance und Religon treffen sich dort zu Vorträgen, Workshops und Performances in einer Oase um zwei Fischbecken die als aquaponische Kreisläufe alternative Formen der Nahrungsmittelproduktion veranschaulichen.

Das Choreografen-Kollektiv John the Houseband (Dennis Deter, Anja Müller, Alma Söderberg, Hendrik Willekens) produziert mit feinem Sinn für Musik, Arbeiten in allen Winkeln Europas. Inspiriert von Höhlenmalereien suchen sie für Welcome to Caveland! mit ihrem Performance- und Konzertformat John the Caveband  (9.4.,16-18 Uhr; 14.4., 16.4., 21.4., 22.4. Zeiten auf www.mousonturm.de; ALL IN) nach „neuen Urformen“ des Klangs und Theaters. Dabei sind sie sich ihrer Wurzeln in den Untergrundbewegungen des 20. Jahrhunderts bewusst und laden an ausgewählten Terminen in die Cave(wo)men-Gemeinschaft und geben für die Allerkleinsten sogar Höhlenkonzerte!

Das junge Künstler-Duo Florence Ruckstuhl und Leander Ripchinsky schlägt sein Büro für Angelegenheiten des Unsichtbaren (8.–21.4., genaue Zeiten www.mousonturm.de) im „Caveland“ auf. Von dort aus plant es Feldstudien, bei denen das Publikum sich selbst  als unbemerkter Maulwurf in eine Organisation oder Gruppe einschleusen kann. Darüber hinaus geben Experten Einblicke in das Leben verschiedenster Maulwürfe. (Anmeldung für individuelle Feldstudien: 0163 3649397 ab. 5.4., 17-20 Uhr)

Aus der Sicht des Geo-Engineerings wird die Welt zur steuerbaren Bühne, auf der Naturprozesse performativ erzeugt und zu dramatischen Spektakeln überhöht werden. Für ihre Performance Engineering the Wild (27. & 28.4., jeweils 18 Uhr und 21.30 Uhr, HTA) konfrontieren Gregor Glogowski und Benjamin Hoesch dieses Prinzip in ihrer Choreografie der Dinge mit dem Widerstand von Material: Zerfließend, gerinnend, schäumend, verdunstend, kochend und gefrierend wird der Theaterraum zum Labor und Biotop einer zukünftigen Natur.

Der Verein Kunst in Frankfurt e.V. sorgt unter dem Motto Doch an Blumen fehlts nicht im Revier für eine Neuauflage des Osterspaziergangs Auf
Goethes Spuren bereichern Künstlerinnen und Künstler aller Disziplinen (Mit Stefan Bressel, Peter Bux, Lukas Sünder & Sitha Reis, Andreas Rohrbach und Gabi Schaffner und der„Hier bin ich Mensch, hier darf ich‘s sein“-Wettbewerb; Kuratorin: Annette Gloser) den 11 km langen, ausgezeichneten Kulturwanderweg entlang historischer Stationen. (16.4. ab Goethe-Haus starten 10:30 & 13:30 Uhr geführte Touren; Anmeldung: www.osterspaziergang.info. Dort gibt es auch den kostenlosen Faltplan).

Tanzplattform Frankfurt Rhein-Main

Wer seinen Körper aufrecht hält und weiß, wie Bewegungen entstehen, kann seine Körperspannkraft besser modulieren. Das vermittelt Adriana Almeida an sieben Intensiv-Wochenenden Tanzkomposition & Body-Mind Centering® (BMC) – „Entwicklung des Bewegungsalphabets“ (29. & 30.4., 10 Uhr) im Rahmen der Tanzplattform Frankfurt Rhein-Main.

Milan Herich, Mitbegründer des Le SlovaKs Tanzkollektivs, stellt im Workshop Flying Low (22. & 23.4., ) seine Technik vor, die  sich ganz auf die Beziehung des Tänzers zum Boden konzentriert.

Für beide Workshops Informationen: www.tanzplattformrheinmain.de
KONZERTE

Rabenschwarzer Humor, exzentrische Kostüme, zirzensische Elemente, ein unverwechselbares Falsett, singende Säge, Akkordeon, Drums und Piano – das sind The Tiger Lillies (3.&4.4., 20 Uhr). Bekannt für schräge Literatur-Vertonungen ließ sich das kultige Avantgarde-Trio um Singer-Songwriter Martyn Jacques für das neues Album Cold Night in Soho von eigenen Erlebnissen aus den Achtzigern inspirieren, als das Londoner Szeneviertel von Prostitution und Drogen geprägt war und ihr „Brechtian Punk Cabaret“ prächtig gedeihen konnte.

John Kameel Farah, als Sohn palästinensisch-kanadischer Eltern in Kanada aufgewachsen, studierte Komposition und Klavier in Toronto. Barocke Tastenmusik prägen sein Werk gleichermaßen wie die Musik des Nahen Ostens. Live (26.4., 20 Uhr) ist das ein Erlebnis zwischen Konzertsaal und experimentellem DJ-Set, eine organische Verbindung arabischer Melodiefragmente mit Synthesizer- und Orgelsounds zu einem spannenden, surrealistischen Ganzen.

Aufgewachsen und sozialisiert in der Popsubkultur der 1970er und 80er Jahre, kreiert GAS aka Wolfgang Voigt (30.4., 22 Uhr) aus Glamrock, Pop, Jazz, Klassik, Punk, New Wave, Pop Art und Neuer Wilder Malerei einen eigenen Kunst-Musik-Kosmos. GAS ist sein audiovisuelles Ambient Projekt: aus stark verdichteten Klassikklangquellen ergießt sich ein schwermütiger Sound, unvermittelt, endlos und berauschend in gleichmäßigen und teilweise formlosen Strukturen.

LESUNGEN

Heiner Müllers Texte haben nichts an Relevanz und Aktualität verloren. Immer noch zu entdecken sind prophetische Analysen, die Elend und Schrecken des triumphierenden Kapitalismus im Voraus zur Sprache bringen. Der im April neu erscheinende Band Heiner Müller: „Für alle reicht es nicht“ – Texte zum Kapitalismus (24.4., 20 Uhr), legt eine Auswahl bekannter und weniger bekannter Texte dazu vor. In einer Lesung und Diskussion werden die Herausgeber des Buches, Helen Müller und Clemens Pornschlegel, mit der Künstlerin Brigitte Maria Mayer und der Schauspielerin Anna Müller das Buch erstmals dem Publikum präsentieren.

Stirb nicht im Warteraum der Zukunft (29.4., 20 Uhr) erzählt die geheime Geschichte des Underground-Punk in Ostdeutschland, von seinen Anfängen in Ostberlin in den späten 1970er Jahren über seine Rolle beim Fall der Mauer 1989 bis zur Entstehung der Clubszene im modernen Berlin. Der amerikanische Autor, Journalist und Übersetzer Tim Mohr hat etwa 50 Protagonisten des Ost-Punk interviewt, zahlreiche Stasi-Akten studiert und daraus eine atemraubende Geschichtsstunde in Sachen Gegenkultur geformt, die Brezel Göring in einer szenischen Lesung präsentiert.

WEITERE VERANSTALTUNGEN

Ulrike Haß, Prof. em. für Theaterwissenschaft (Bochum), lehrt im Sommer 2017 als Seniorprofessorin für Theaterwissenschaft an der Goethe-Universität und hält ihre Antrittsvorlesung Aischyleische Kosmologie. Zur Frage des Horizonts im Prometheus-Fragment (25.4., 18 Uhr) im Mousonturm.

Unter dem Namen F. Wiesel erfinden Hanke Wilsmann und Jost von Harleßem seit 2011 eigene Theater- und Medienapparaturen und reanimieren damit frühe Filmgeschichte, tote Kaiser und sowjetische Science-Fiction. Ihre Praxis der Erforschung des Theaters als multidimensionalem Modell- und Denkraum wurde nun mit dem Ponto Performance Preis 2017 der Jürgen Ponto-Stiftung ausgezeichnet. F. Wiesel baut aus diesem Anlass für einen Abend im Mousonturm Objekte, Bilder, Texte und Motoren bisheriger Installationen und Performances zu einer inszenierten Ausstellung neu zusammen. (Preisverleihung 27.4.,19 Uhr hier zu folgt in Bälde eine ausführlichere Pressemitteilung).

FILM
Das LICHTER Filmfest Frankfurt International (28.3. – 2.4.) läßt sich in seiner zehnten Ausgabe von Fake-News nicht beirren und bringt internationale Filme über Wahrheit auf die Leinwand. Künstlergespräche, politische Diskussionen und eine Whistleblower-Ausstellung beleuchten das Thema auch außerhalb der Kinosäle. Festivalzentrum ist wieder der Mousonturm. Ins Rennen um die weißen Bembel starten neun aktuelle Film-Highlights aus Rhein-Main und Hessen. Eine eigene Reihe widmet das Festival erstmals der Zukunft des Deutschen
Kinos. Zeitgenössische Videokunst zeichnet der LICHTER Art Award aus und die zum Jubiläum neue eingerichtete Sektion Virtual Reality Storytelling den besten 360-Grad-Film. Ausführliches Programm und Tickets: www.lichter-filmfest.de.
PROGRAMMÜBERSICHT APRIL 2017

YRD.Works
Messerschmiede
7.–22.4.
WERKSTATT/LADEN
Neueröffnung am 7.4., 19 Uhr
Öffnungszeiten: täglich 17–21 Uhr, Ruhetage: 11.–12.4., 16.–18.4., 20.–21.4.

Wir freuen uns auf Ihre Akkreditierungen und sind für weitere Fragen gern für Sie da.

Herzliche Grüße
Künstlerhaus Mousonturm

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