Mo. 16.01.2017

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

mit weiteren, mit Spannung erwarteten Uraufführungen setzen wir im Februar die FRANKFURTER POSITIONEN 2017 – Ich reloaded. Das Subjekt im digitalen Netz (27.1.-12.2), fort:

Der bekannte junge österreichische Autor Clemens J. Setz schreibt geniale Bücher, poetisch, reichhaltig ist seine Sprache, verstörend bisweilen die Settings, in die er seine Figuren packt. In Vereinte Nationen (Uraufführungsinszenierung 3.2.&4.2.), einer Produktion des Nationaltheaters Mannheim, beobachtet er, wie Eltern die digitale Vernetzung als Markt für Erziehungs-Videos entdecken, die sie beiläufig von ihrer kleinen Tochter drehen, sobald sie diese zurechtweisen oder belehren. Den brisanten Plot durchsetzt Setz mit Fragen danach, was in dem Geschehen natürlich und was Schauspielerei, was Fiktion und was Realität ist.
Verena Billinger und Sebastian Schulz bringen in ihrer Choreografie Unlikely Creatures (II) we dance for you  (Uraufführung 5.-7.2., MT-Koproduktion) Tänzerinnen und Tänzer in den Unvereinbarkeiten und Unschärfen der Gegenwart zum Vibrieren und Zittern.
Das Duo ACTUEL REMIX, Xavier Garcia und Guy Villerd, mischt moderne Musik mit Werken der derzeit namhaftesten Künstlerinnen und Künstler im Bereich der elektronischen Musik neu ab. Für #01 METROPOLIS unterlegten sie Fritz Langs Film mit einem Remix aus Stücken von Iannis Xenakis und Richie Hawtin, für #02, den HEINER GOEBBELS’ REMIX, arbeiteten sie mit dem Videofilmer Benoit Voarick. Das neue Projekt ACTUEL REMIX #03 ENSEMBLE MODERN LIVE REMIX (Uraufführung 9.2., Frankfurt LAB,) entsteht in Kooperation mit den Musikerinnen und Musikern des Ensemble Modern als Komponisten und Improvisatoren, die – in einem Remix aus Techno und ihrer eigenen Musik – live spielen werden.

Das Disney-Imperium hat Schneewittchen in Filmen und Shows zum Inbegriff glücklicher Mädchenträume gemacht und Disneyland Hongkong ist auch der größte Arbeitgeber für philippinische Tänzerinnen. Allerdings werden sie – we-gen ihrer Hautfarbe diskriminiert – nur für namenlose Nebenrollen in der Unter-haltungsindustrie besetzt. Die in Manila lebende Choreografin Eisa Jocson und der Performance-Künstler Russ Ligtas drehen im Tanzstück Princess Studies (Uraufführung 11.2.&12.2., MT-Produktion) den Spieß um und eröffnen ein Spiel der Identitäten.

Das Format FP Extra: Dancing with Myself (Uraufführungen 31.1., 1. & 2.2., MT-Kooperation) versammelt Installationen, Performances und Fotografien von Studierenden, die als Werkauftrag im Rahmen der Frankfurter Positionen 2017 in Zusammenarbeit mit der Regisseurin Stefanie Lorey und der Dramaturgin Fanti Baum entstanden sind: Milena Wichert riskiert in ihren Fragen an die Freundschaft die Implosion einer 527 Mitglieder umfassenden Gemeinschaft. Lisa-Marie Radtkes Performance befragt die Bedeutung des eigenen Abbilds, tausendfach und jederzeit präsent längst zur Ausschussware des eigenen Ichs geworden. Meike Eckerns Fotoserie Ich sehe was, was Du nicht siehst zeigt auf den Spuren professioneller Beobachterinnen und Beobachter im Analogen Momentaufnahmen alltäglicher Überwachung. Isabella Roumiantsevs und Maria Kobzevas prüfender Blick im Cyborg-Ballett gilt der Ausbildung an einer Ballettakademie hinsichtlich körperlicher Perfektion. All the way von Jakob Engel, Jonathan Penca, Annegret Schlegel und Jan Philipp Stange sucht nach Spiegeln des Ichs in digitalen Erscheinungen des Göttlichen.

Das deutsch-niederländische Ensemble andcompany&Co. meldet sich mit sei-nem Agit-Musical Not my revolution, if…: Die Geschichten der Angie O. (18.2. & 19.2., MT-Koproduktion) aus dem Epizentrum der Widersprüche des neoliberalen Zeitalters zurück. Es handelt von einer fiktiven Aktivistin der Antiglobalisierungsbewegung, die überall mitmischt, bei der Konferenz gegen den Neoliberalismus ebenso wie der Battle in Seattle oder bei Occupy Wall Street. Protest wird zum Selbstzweck, Wohltätigkeit zum ökonomischen Faktor und Aktivismus zur innovativen Produktivkraft.

In seinem virtuosen, vom Regisseur Jakob Fedler inszenierten Solo Ich bins deine Mutter (22.2.) widmet sich der Schauspieler und Frankfurter „Tatort“-Ermittler Wolfram Koch den persönlichen Geschichten des Theater-Berserkers und -Verstörers Einar Schleef. Mit vier Episoden aus den 1982 erschienenen Erzählungen „Die Bande“ und Briefen von Schleefs Mutter an den Künstler um-kreist dieser eindringliche Theaterabend lakonisch und einfühlsam die Welt von Schleefs Mutter, einer im Schaffen des Regisseurs zentralen Person.

Der an der Ernst-Busch-Schule Berlin ausgebildete griechische Theatermacher Anestis Azas ist mit Bloody, medium oder durch (24.2. & 25.2., MT-Koproduktion) zum ersten Mal am Mousonturm. Im Fokus seines Theaterabends steht die Restaurantküche. Als erste Jobstation für Neuankömmlinge gleicht sie einer Mikrogesellschaft im Ausnahmezustand. Für sein Stück hat Anestis die Erfahrungen von Spitzengastronominnen, Kiezwirten, Selfmade-Frauen und Tellerwäschern, Großküchenbetreiberinnen und Runnern zu einem anregenden, fiktiv-dokumentarischen Gastmahl einer Transitgeneration konden-siert, die um den eigenen Lebensentwurf kämpft.
Wer erfolgreich Witze erzählt, bestimmt, über wen und was gelacht wird, doch die männliche Perspektive auf die Welt dominiert hier das Feld. Dagegen zielt die chorisch-choreografische Task Force Susanne Zauns und Marion Schneiders mit beider Erfolgsstück Dieser Witz trägt einen Bart – Der Chor und seine Beziehung zum Unbewussten (14. & 15.2., MT-Koproduktion), das wir als Wiederaufnahme zeigen, pointiert und humorvoll mitten ins Bewusstsein.

Die Mainzer Fastnacht mit Schunkeln und Klatschen zu Ernst Negers Liedern („Heile Heile Gänsje“, „Humba Täterä“) ist im kollektiven Gedächtnis verankert. Oliver Augst, Künstler im Bereich experimenteller Musik, Hörspiel, Literatur und Entertainer, widmet den Hits des Dachdeckermeisters mit Der Ernst Neger Komplex (27. &  28.2., MT-Produktion, Wiederaufnahme) einen großen, stilvol-len Lieder-Abend, der zugleich auch Musik-, Textcollage und Live-Hörspiel ist. Begleitet wird Augst von der famosen Big Band des marburgjazzorchestra*, Brezel Göring (Stereo Total) moderiert und performt, Texte schrieb John Birke.

Else Tunemyr, fasziniert von der Suche nach Bewegungen, die den Funktionen und Rhythmen des Körpers und seiner Organe folgen, interessiert an somatischen Praktiken nicht die Einheit zwischen Subjekt und Bewegung, sondern abstrakter, die Möglichkeiten absichtsloser Bewegung und die Wahrnehmung einer Gegenwart, die weich und durchlässig ist und zwischen Körper- und Wahrnehmungsebenen zerfließt. Dem spürt sie in No title (the loneliest whale in the world for 8 hours in HD) (18.2.; 19.2. 20 Uhr, HTA) mit fünf Mittänzerinnen in einem faszinierenden Verlauf von Wiederholungen nach, wobei sich Blickwinkel verschieben und Identität ins Wanken kommt. 

Zur Offene Probe ihrer neuen Produktion NEXT TO NEAR (15.2.) im Rahmen einer Residenz der Tanzplattform Rhein-Main lädt die Choreografin May Zarhy, Mitglied des Choreografen-Trios MAMAZA. Mit dem Komponisten Tian Rotteveel und dem  Choreografen Hermann Heisig, der als Spezialist für Slapstick und absurdes Timing gilt, befasst sich Zarhy mit dem zentralen Paradox unserer Zeit: Entfernung und Intimität. Mobil und mit weit Entferntem stets verbunden, entfremden wir uns vom Hier und Jetzt.

Lesung / Konzert

Unter dem wörtlich zu nehmenden Titel Peng Peng Peng! treffen im Hessischen Literaturforum im Rahmen von Acting Out! (21.2.) zwei begnadete Künstler aufeinander: Nora Gomringer rezitiert eigene, sowie Texte der Weltliteratur – von Klassikern über Dorothy Parker bis zur experimentellen Literatur des 20. Jahrhunderts. Der Jazz-Drummer Philipp Scholz schlägt den Takt, leitet, stört und pointiert Gomringers wilden Wortritt – zusammen erzeugen sie einen fatallyrischen Knall der Extraklasse.

Aarich Jespers und Kobe Proesmans (Zita Swoon) einzigartiges musikalisches Projekt The Colorist Orchestra lädt Singer-Songwriter, wie aktuell die isländi-sche Sängerin, Komponistin und Musikproduzentin Emiliana Torrini (21.2.) ein, ihr Repertoire auf neue Art zu interpretieren. Klassische Instrumente werden unorthodox eingesetzt und andere gleich neu gebaut, was innovative Sounds und Grooves erzeugt. Das Colorist Orchestra sind: Kobe Proesmans (Percussion, ‚calabas’), Aarich Jespers (Percussion, ‚flapabamba’), Sep François (Melodic Percussion, ‚hammered mbar’), Wim De Busser (Flügel, Piano, Keyboard), Tim Vandenbergh (Kontrabass, E-Bass), Gerrit Valckenaers (Bassklarinette, Steine, Spiegel, Glassschüssel, Electronica), Jeroen Baert (Geige, Mandoline) und Karel Coninx (Bratsche).

Wir freuen uns auf Ihre Akkreditierungen und sind für weitere Fragen gern für Sie da.

Künstlerhaus Mousonturm

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