Fr. 18.12.2015

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

Meg Stuart ist wieder da: nachdem ihr vielgerühmtes Violet vergangenes Frühjahr vor ausverkauftem Haus bejubelt und gefeiert wurde, und bevor ihre neue Produktion UNTIL OUR HEARTS STOP bei der Tanzplattform Deutschland 2016 gastieren wird, ist im Januar im Mousonturm ihr humorvolles Solo Hunter (15./ 16.1., 20 Uhr) zu sehen. Darin entwickelt sie tänzerisch und musikalisch immer neu oszillierende Selbstportraits – für die sie persönliche Erinnerungen mit kulturellen Referenzen, Vorbildern und Fantasien zu witzigen Körper-Cartoons, überraschenden Gesangsritualen oder lauten Klangskulpturen verflicht. Versäumen Sie nicht diese faszinierende Begegnung mit einer außergewöhnlichen Choreografin, die man selten so fragil und kraftvoll zugleich erlebt hat.

Konfrontativ begegnet das Berliner Performance-Kollektiv andcompany&Co. der Angst – vor Terroranschlägen, dem dritten Weltkrieg, der nuklearen Apokalypse, mit ihrem neuesten Totaltheater WARPOP MIXTAKE FAKEBOOK VOLXFUCK PEACE OFF: ‘Schland Of Confusion‘ (19./ 20.1., 20 Uhr). Zwischen „Friedenswinter“ und PEGIDA schauen die Künstler-Aktivistinnen und Aktivisten zurück auf die 1980er Jahre – als die Friedensbewegung noch links war und Pop Protest –, stimmen einen Abgesang auf soziale Bewegungen an und holen dann aus zur Attacke: ANGER IS AN ENERGY!

Vielgestaltig und konzentriert präsentieren wir vom 22. bis 30. Januar sechs internationale Positionen aus Tanz und Performance, die sich mit dem Ausdruckspotential von Gesten und körperlichen Gebärden, mit deren Eindeutigkeit und Lesbarkeit auseinandersetzen, diese Zeichen und Kürzel im freien Spiel aber auch lustvoll von der Last ihrer Bedeutung befreien. Beim Festival Merkwürdige Gesten (melodramatischer Kannibalen beim Erfinden filigraner Rituale) treten viele Künstlerinnen und Künstler in Aktion, die das Publikum am Mousonturm schon ganz schön aufgemischt haben.

Dazu zählt der mit provozierender Intensität performende bulgarische Künstler Ivo Dimchev, der seinem entgrenzten, schillernd fragilen Falsett mit Operville (29. & 30.1., 20 Uhr) nun ein eigenes Stück gewidmet hat. Mit der Sängerin Plamena Girginova, dem Sänger Nikolay Voynov und dem Musiker Stefan Hristov schöpft er hemmungslos aus den Pfründen der Opernmusik, tradierter Haltungen, Gesten und Stimmungen und verschmilzt singenden Körper und Gesang zu einem perfekten „Borderline Event“.

Der französische Choreograph David Wampach nähert sich mit seiner Choreografie URGE (22./ 23.1., 20 Uhr) dem Thema Kannibalismus an. Begeisterte er 2014 noch das Frankfurter Publikum mit seiner grotesk-minimalistischen Interpretation von Igor Strawinskys Frühlingsopfer, geht es in der neuen Produktion nun um die Frage, in welchen Körpern, Gesten und Formen die archaische und mythenbeladene Praxis der Antropophagie heutzutage weiterlebt. Frei nach dem Motto „Ich habe dich zum Fressen gern“ laden er und seine fünf Tänzer zum Parforceritt durchs Unbewusste der Menschheitsgeschichte.

Zwei Doppelabende im Rahmen des Festivals präsentieren die Arbeiten vielversprechender junger Tanzschaffenden aus dem europäischen Aerowave-Netzwerk: Am ersten zeigt Ayelen Parolin (aus Brüssel) ihr kraftvolles Hérétiques (20 Uhr), getanzt von zwei Tänzern und ihr selbst, und befragt die Trance-Bereitschaft unserer überkodifizierten Körper, die durch die Rhythmen einer auf Effizienz getakteten Gesellschaft geprägt sind. Die ungarische Choreografin Adrienn Hód bringt mit ihrer Compagnie Hódworks in ihrem neuen Stück Conditions of Being a Mortal zu den pulsierenden Klängen von Franz Liszts Faust-Symphonie Leiblichkeit und exaltierte Emotionalität zu einem virtuos getanzten Garten der Lüste zusammen. Hód hat im Mousonturm bereits 2014 mit ihrer energetisch-schonungslosen Choreografie Dawn Aufsehen erregt.

Der zweite Gesten-Doppelabend (27.1., ab 20 Uhr) führt zunächst mit Ingri Fiksdals im Wortsinn rauschend stiller Choreografie BAND – mit bunten Lichteffekten auf wildgemusterten Kostümen – in ein psychedelisch entgrenztes Gemeinschaftserlebnis. Die norwegische Choreografin erforscht die vermeintliche Vertrautheit, die sich zwischen Unbekannten beim einfachen „Headbanging“ einstellen kann. Giorgia Nardin aus Venedig lässt danach in ihrer Choreografie All dressed up with nowhere to go zwei aufs äußerste verletzliche Körper aufeinandertreffen, die sich mit automatischen Gesten, deren Anlass nicht mehr auffindbar scheint, einander nähern und berühren. Nardin inszeniert mit feinem ästhetischen Gespür zwei der Welt entrückte Körper, Bilder melancholischer Schönheit.

Zwei HTA- Produktionen stellen wir im Januar vor: Milena Wichert & Company aus Frankfurt zeigen Alles in Butter (Arbeitstitel) (Uraufführung 15.1./16.1.,19 Uhr) und nehmen Ausgangspunkt einen kuriosen Entführungsfall Anfang der 80er Jahre als Ausgangspunkt, den sie als Mix aus realen Fakten, kurios, witzig und effektvoll als fragmentarische, in sich verschlungene Geschichte aus verschiedenen Biografien und verzettelten Diskursfetzen erzählen. Christoph Bovermann, ebenfalls aus Frankfurt, setzt angesichts des zunehmenden Sicherheitsbedürfnisses, das immer abstraktere, sterilere Räume hervorbringt, in seinem Audiowalk a black box | a dark room (Uraufführung 21.-24.1., 18-22 Uhr Start alle 30 Minuten, für jeweils 4 Personen) auf das Theater als utopischen Möglichkeitsraum für Neues und Unbekanntes und lotet die Fragen nach Grenzen, nach Nähe und Intimität neu aus.

Konzert & Show

Henry Rollins Shows sind legendär, seine Fan-Gemeinde ist groß und wenn einer der vielseitigsten Heroen amerikanischer Subkultur sich auf den Weg nach Europa macht, sind Karten schnell vergriffen, so auch dieses Mal, wenn der Prediger, Workaholic, Entertainer und Schriftsteller mit seinem Spoken-Word-Programm (8.1., 20 Uhr) in den Mousonturm kommt. Der Abend ist seit Wochen ausverkauft, geringe Chancen auf Restkarten gibt es eventuell an der Abendkasse.

Für Kinder
Mit den Alben Ausm Häuschen und Heile Welt hat das Hamburger Hip Hop-Trio Deine Freunde (9.1.,16.30 Uhr) in den letzten Jahren Pionierarbeit in Sachen Kindermusik geleistet. Denn Rapper Florian Sump, DJ Markus Pauli (Fettes Brot) und Sänger Lukas Nimscheck merkten schnell, dass es musikalisch nichts gibt, wovor Kindermusik zurückschrecken muss: „Je erwachsener unser Live-Sound wurde, desto mehr haben die Kinder auf unseren Konzerten mitgefeiert – auch Kinderbäuche werden gern vom Bass geschüttelt.“ Jetzt folgt Album Nr. 3: Elektropop und Technobeats treffen auf soliden Rap mit intelligenten kindgerechten Texten. Und die Gebt uns eure Kinder-Tour verspricht ein bombastisches Live-Spektakel… Nach diesem Konzert werden Ihre Kleinen
mit Sicherheit gut schlafen!
Programm Januar 2015 – Terminübersicht

Henry Rollins (Los Angeles)
Fr. 8.1., 20 Uhr
Show
Saal bestuhlt, in Englisch

Deine Freunde (Hamburg)
Sa. 9.1.,16.30 Uhr
Konzert
Saal unbestuhlt
Für Kinder bis 12 Jahre

Meg Stuart (Berlin)
Hunter
Fr. 15. & Sa. 16.1., 20 Uhr
Tanz / Choreografie
Saal
16.1. Künstlergespräch im Anschluss mit Gerald Siegmund, in Englisch

Milena Wichert & Company (Frankfurt)
Alles in Butter (AT)
Fr. 15.1. (Uraufführung), Sa. 16.1., 19 Uhr
Theater / Performance / HTA
Studio 1, in Deutsch

andcompany&Co. (Berlin)
WARPOP MIXTAKE FAKEBOOK VOLXFUCK PEACE OFF: ‚Schland Of Confusion
Di. 19.1., Mi. 20.1., 20 Uhr
Theater / Performance
Saal, in Deutsch mit englischen Übertiteln

Christoph Bovermann (Frankfurt)
a black box | a dark room
Do. 21.1. (Uraufführung) – So. 24.1., 18 – 22 Uhr, Start alle 30 Minuten
Theater / Performance / Audiowalk / HTA
Studio 1, in Deutsch oder Englisch

David Wampach (Montpellier)
URGE
Fr. 22. & Sa. 23.1., 20 Uhr
Tanz, Saal
Fr. 22.1. Künstlergespräch im Anschluss
Sa. 23.1. Warm-up um 19 Uhr
Keine Sprachkenntnisse erforderlich


Gesten Doppelabend 1
Di. 26.1.

Ayelen Parolin (Brüssel)
Hérétiques
Hodworks (Budapest)
Conditions of Being a Mortal
Gesten / Tanz
20 Uhr
Saal, Double Bill
Im Anschluss Künstlergespräch
Keine Sprachkenntnisse erforderlich

Gesten Doppelabend 2
Mi. 26.1.

Ingri Fiksdal (Oslo)
BAND
19 & 21 Uhr, Saal
Giorgia Nardin (Venedig)
All dressed up with nowhere to go
20 Uhr, Studio 1
Gesten / Tanz
Double Bill
Im Anschluss Künstlergespräch
Keine Sprachkenntnisse erforderlich


Ivo Dimchev (Brüssel/Sofia)
OPERVILLE
Fr. 29.1., Sa. 30.1., 20 Uhr
Theater / Performance / Musiktheater
In Englisch


Weitere Informationen und Fotos zum Download finden Sie auf www.mousonturm.de.

Alles Gute im verbleibenden alten wie im Neuen Jahr und dazwischen angenehme und erholsame Feiertage wünschen Ihnen

Künstlerhaus Mousonturm

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