Mo. 15.05.2017

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

Einen Dopeplabend mit zwei Werken des international renommierten libanesischen Performancekünstlers, Regisseurs, Autors und bildenden Künstlers
Rabih Mroué präsentieren wir im Juni: In seiner Inszenierung Rima Kamel (6. & 7.6., 20:30 Uhr, MT-Koproduktion) begibt sich die Sängerin Rima Khcheich, eine der großen Stimmen des Libanon, die als Kind unter dem Namen Rima Kamel berühmt wurde, in einen Dialog mit ihrer Vergangenheit, mit ihrer Herkunft und den damit verbundenen Erwartungen, die auf sie als junge Hoffnungsträgerin projiziert wurden. Im Biografischen spiegelt sich in Mroués poetisch-politischer Erzählung auch die kulturelle und politische Lage des Libanon, seine Geschichte mit ihren Brüchen zwischen Modernität und Tradition.

Zuvor zeigen wir als Uraufführung eine neuen Version von Photo-Romance  (Version No. 2) (6. & 7.6., 19 Uhr), eines der erfolgreichsten international tourenden Theaterstücke. Die Autorin, Regisseurin und Performerin Lina Majdalanie und Rabih Mroué diskutieren in den Rollen von Autorin und Zensor, sie, geschiedene Hausfrau und er, ehemaliger linker Aktivist, die Fotoroman-Adaptation eines historischen Filmdokuments, das die Begeisterung der italienischen Massen bei Hitlers Mussolini-Besuch zeigt. In der  Vermischung von Fiktion und Realität dekonstruiert Photo-Romance die politische Logik ebenso wie die Illusion des Theaters und zeigt „Wahrheit“ als die Konstruktion von Möglichkeiten.

Mariano Pensottis Loderndes Leuchten in den Wäldern der Nacht (Arde brillante en los bosques de la noche, 31.5.&1.6., 20 Uhr) die Geschichte dreier Frauen von heute und ihrer „revolutionären“ Verbindungen, entstand anlässlich des hundertsten Geburtstags der Oktoberrevolution von 1917. Mit den großartigen Schauspielerinnen und Schauspielern seiner Grupo Marea fragt Mariano Pensotti danach, ob es gelingen kann, revolutionäre Ideale auch zu leben.

Die Künstlerin und Performerin Kate McIntosh lud das Publikum in ihren letzten Arbeiten klug, unaufdringlich und auf vielfältige Weise dazu ein, den Verlauf eines Theaterabends selbst in die Hand zu nehmen. Wortwörtlich setzt sie In Many Hands (10.6., 18 Uhr & 21 Uhr  und 11.6., 15 Uhr & 18 Uhr) die spielerische Kooperation mit dem Publikum fort und animiert es zum Erproben, Berühren, Riechen und Lauschen in einer Reihe sensorischer Situationen, in denen alle Anwesenden physikalische Phänomene, charmant arrangiert, durch „Learning by doing“ selbst erfahren können.

In der feministischen Gesprächsreihe von ID_Frankfurt off the record  spricht die Tanz-/ Theaterwissenschaftlerin und Künstlerin Martina Ruhsam nach den Aufführungstagen von In Many Hands mit Kate McIntosh über Choreografie, ausgehend vom gemeinsam geteilten Interesse an der Auseinandersetzung mit Dingen (Choreography of Things 12.6., 19 Uhr, Lokal).

Ayla Pierrot Arendt, Émilia Giudicelli, Samuel Fried widmen sich in ihrer Real-Time-Performance Routine, a documentation of real time, (Deutsche Erstaufführung 15.6., 16-24 Uhr und 17.6., 17.-1 Uhr, MT-Koproduktion) der Zeit, die in einem idealtypischen deutschen und japanischen Tag neben 8 Stunden Schlaf und 8 Stunden Arbeit bleiben. Sie laden dazu ein, 8 Stunden Freizeit gemeinschaftlich mit Fremden zu verbringen, kontemplativ, reflektierend, aber auch mit Tanz, Musik, Projektionen und einem gemeinsamen Mahl, das aus mitgebrachtem Gemüse zubereitet wird.

Maximilian Brands, Clara Reiner und Christopher Weickenmeier (Angewandte Theaterwissenschaft Gießen) präsentieren mit what if where I am is what I need  eine Choreografie bedingungsloser Fürsorge, eine Einübung ins Aufeinanderangewiesen-Sein, ein Zusammenleben in maßloser Anhänglichkeit. Darin eingeschlossen sind Körper, Raum, Luft – alles, was das dysfunktionale Habitat miteinander teilt. (Uraufführung 13.6., 20 Uhr & 14.6., 18 Uhr und 21 Uhr, HTA, MT- Koproduktion).

Das Stück Who cares?! – Eine vielstimmige Personalversammlung der Sorgetragenden des Theater erforschenden Kollektivs Swoosh Lieu wurde zum
Stückemarkt des diesjährigen Berliner Theatertreffens eingeladen! Wir zeigen ihre vielstimmige, innovative Arbeit über Sorge-, Care- und Reproduktionsarbeit und die damit verbundenen klischeehaften Rollenzuschreibungen noch einmal als Wiederaufnahme (21. & 22.6., 20 Uhr, MT-Koproduktion).

ongoing project setzen ihr im Mai begonnenes Kolleg zur Wiederentdeckung des Klassenbewusstseins, eine  Koproduktion des Mousonturms, mit zwei Gesprächsterminen zu linken Medien und zur Institutionskritik fort (2.6.,19 Uhr ): Für#6 Leftish media. No writing without interest treffen sich die Soziologin und Journalistin Carolin Wiedemann und der Künstler, Aktivist und Autor Gregory Sholette. Sie befragen den Auftrag linker Medien in den sozialen Medien im Anbrechen des „postfaktischen Zeitalters“. Im Anschluss diskutiert die Gewerkschaftsinitiative der Goethe-Universität unter_bau mit dem Künstler und Aktivist Illia Yakovenko über die Notwendigkeit und Problematik von Institutionen, die neben Rechten und Gleichberechtigung auch Formen der Unterdrückung sedimentieren. Eine abschließende Performance im September 2017 verhandelt kollektiv, ob sich die in der Gesprächsreihe untersuchten Positionen als gemeinsame Anliegen formulieren lassen.

Die machtvolle Präsenz einer Polizeiuniform unterdrückt Widerspruch und Abweichungen von sozialen Normen, setzt Grenzen, ignoriert diese aber auch im unvorhersehbaren Übergriff. Diese Settings durchkreuzen die Choreografin und Tänzerin Simone Aughterlony, der Filmemacher Jorge León und ihr siebenköpfiges Ensemble in ihrem Stück Uni * Form (30. 6. & 1.7., 19.30 Uhr, Frankfurt LAB, im Rahmen des F°LAB – Festival for Performing Arts) auf verstörend lustvolle Weise. Den distanzierten oder übergriffigen Blicken des Publikums ausgesetzt üben sie sich in polizeilicher Ineffizienz und folgen ihrem Begehren und Interesse an verletzlicher Bindung und berührender Intimität. Am 1.7. findet im Anschluss an die Aufführung im Rahmen der feministischen Gesprächsreihe off the record  von ID_Frankfurt das Gespräch Power Structures mit Simone Aughterlony und der Sozialwissenschaftlerin Vanessa E. Thompson im Z – Zentrum für Proben und Forschen (hinter dem Frankfurt LAB) statt.

Konzert
Einer der größten Komponisten der Gegenwart und (Mit-)Begründer der Minimal Music kommt mit seinem Sohn zu einem exklusiven Konzert an den Mousonturm: Terry & Gyan Riley (2.6., 20 Uhr). Dem 81-jährigen Altmeister live zuzuhören, wie er souverän Jazz, Minimal, Weltmusik und Ragtime spielerisch mixt, ist höchst beeindruckend. Gyan Riley, ebenfalls Komponist und Gitarrenvirtuose, fügt psychedelische Akzente hinzu, getragen von experimentellem Jazz und erweitert durch Klänge indischer und afrikanischer Folklore, als hätten sie schon immer dazugehört.

Festivals
Mit fünfzehn Aufführungen, zwei Uraufführungsprogrammen von und mit dem ganzen Ensemble der Dresden Frankfurt Dance Company, Simone Aughterlonys provokanter Choreografie Uni * Form, Sonderkonzerten des EM und der IEMA sowie Theater, Performances, Hörstücken, Installationen, offene Proben und Vorträgen und weiteren kulinarischen, diskursiven und künstlerischen Zusatzevents feiern die Dresden Frankfurt Dance Company, das Künstlerhaus Mousonturm, das Ensemble Modern und sämtliche Studiengänge der Hessischen Theaterakademie die erste Ausgabe des F°LAB – Festival for Performing Arts (22.6.–1.7.) Ausführliche Informationen zum Gesamtprogramm unter www.flabfestival.com/ und www.mousonturm.de/web/de/projekte/f-lab-festival-for-performing-arts

NODE, das internationale Festival für digitale Kultur und kreative Technologien in Frankfurt, ist mit dem NODE17 Forum for Digital Arts – Designing Hope (26.6.–2.7.) wieder zu Gast im Mousonturm. Zwischen kollektiven Hoffnungen nach einem friedvollen Leben im Global Village und Ohnmachtsgefühlen in Anbetracht einer komplexer werdenden digitalisierten Welt diskutiert Designing Hope die Verantwortung und das konstruktive Potenzial von Technologie. Eröffnet wird NODE17 Designing Hope am 26.6. um 18.30 Uhr im Mousonturm, es folgen Leo Hofmann Teleprompter Paradise // Andi Otto & MD Pallavi LIVE // Rainer Kohlberger brainbows (20 Uhr Mousonturm, 21 Uhr Naxoshalle, 22 Uhr Mousonturm). Eine Pressemitteilung zum NODE-Festival folgt.


Showings, offene Proben, Sharings, die im Juni Einblick in entstehende Arbeiten geben:

Das Frankfurter Wu Wei Theater und das Offenbacher helfersyndrom denken in TISCHGESELLSCHAFT FÜR ZEITVERKOSTUNG über einen Plan für den Ausstieg aus den herrschenden Zeitregimes nach (Showing 1.6., 19 Uhr, Eintritt frei, Anmeldung erbeten unter dramaturgieassistenz@mousonturm.de).

In Kollaboration mit den Frankfurter Künstlern Daniel Schauf und Simon Möllendorf arbeiten Marcio Abreu und seine Companhia Brasileira de Teatro während ihrer Residenz an einem neuen Stück, einem Werkauftrag von Künstlerhaus Mousonturm, HELLERAU Zentrum für Europäische Künste Dresden und Serviço Social do Comércio de São Paulo. Sie setzen sich darin mit dem Nord-Süd-Gefälle aus brasilianischer Perspektive auseinander. Die Nachwehen des Kolonialismus und Praktiken der Neokolonialismen spielen dabei ebenso eine Rolle wie Blackfacing, Schwarzsein und Othering im Kontext des alltäglichen Rassismus (Offene Probe 21.6., 18 Uhr).

Das brasilianische Künstleraggregat Andrez, Barra, Caio, Fernanda, Gui, Iaci, Luiz, Tereza, Yuri erklärte mit Macaquinhos im Sommer 2016 den Anus zur körperlichen Metapher für den Süden und untersucht nun mit O que há de norte em cada um de nós? – Was ist Norden in jedem von uns? an ihre bisherige Recherchen in Tanz, Performance, Körper und Politik anknüpfend die Hand als mögliche Metapher für den Norden (Tanz, Sharing / offene Probe, Eintritt frei 30.6., 16 Uhr, im Frankfurt LAB / Z – Zentrum für Proben und Forschen).

In Choir of the Slain widmen sich der amerikanische Tänzer, Choreograf und Künstler niv Acosta und die brasilianische Künstlerin Fannie Sosa einem Cast Schwarzer Vokalkünstlerinnen, Performerinnen und Musikproduzentinnen und dem Gefüge um Dekolonialität und Schwarzer Femme-Subjektivität (Showing/ Choreografie, 14.6., 18 Uhr, Eintritt frei).

Wir freuen uns auf Ihre Akkreditierungen und stehen Ihnen für weitere Fragen gern zur Verfügung.

Herzliche Grüße
Künstlerhaus Mousonturm

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