Christiane Jatahy
(Brasilien)
Nach der Stille/Depois do Silêncio – Voraufführung
Mousonturm Saal
Performance
- 06.06.2022, 20.00 Uhr, Kurzeinführung mit Matthias Pees 19.30 UhrSolidarisches Preissystem (frei wählbar): € 5 / € 10 / € 20 / € 30
- 07.06.2022, 20.00 Uhr, Kurzeinführung mit Matthias Pees 19.30 UhrSolidarisches Preissystem (frei wählbar): € 5 / € 10 / € 20 / € 30
Es gibt diejenigen, die Land, Freiheit und Identität besitzen, und diejenigen, deren Existenz keinen Wert hat. Um von der unaufgelösten und bis heute andauernden kolonialen Gewalt zu erzählen, verbindet die brasilianische Theatermacherin Christiane Jatahy in überraschender Weise die Kunstformen Theater und Film. Gemeinsam mit ihren Schauspielerinnen begibt sich Jatahy tief hinein in die Geschichte Brasiliens. Die gewaltvolle Allianz von Rassismus und Kapitalismus reicht vom transatlantischen Sklavenhandel bis zur aktuellen Politik Jair Bolsonaros. Auch die Position der europäischen Profiteure scheint sich im Verlauf der Zeit kaum verändert zu haben. Und so verwebt die Inszenierung Wirklichkeit und Fiktion, wenn die Protagonistinnen gegen solch eine Weltordnung und für die Möglichkeit von Veränderung kämpfen. In „Nach der Stille” folgt Jatahy dem preisgekrönten Roman „Torto Arado” des Autors Itamar Vieira Júnior. Damit führt sie ihren Widerstand gegen strukturellen Rassismus und die darauf gebauten geopolitischen Realitäten fort, mit dem sie sich ihren festen Platz in Europas Theaterlandschaft erobert.
Sprache: Portugiesisch mit deutschen und englischen Übertiteln
Die Weltpremiere findet am 15. Juni im Rahmen der Wiener Festwochen statt.
Cast & Credits
Künstlerische Leitung, Text: Christiane Jatahy
Nach dem Buch „Torto Arado” von Itamar Vieira Júnior
Mit: Gal Pereira, Juliana França, Lian Gaia, Aduni Guedes
Film mit Bewohner*innen der Orte Remanso und Iúna (Chapada Dimantina/Bahia/Brazil)
Künstlerische Mitarbeit, Bühne, Licht: Thomas Walgrave
Mit Musik von Vitor Araujo, Aduni Guedes
Fotografie, Kamera: Pedro Faerstein
Sounddesign, Tonmischung: Pedro Vituri
Kostüme: Preta Marques
Video System: Julio Parente
Körperarbeit: Dani Lima
Mitarbeit Text: Gal Pereira, Juliana França, Lian Gaia, Tatiana Salem
Diskussion Text: Ana Maria Gonçalves
Regieassistenz: Caju Bezerra
Kameraassistenz: Suelen Menezes
Sound (Film): João Zula
Schnitt (Film): Mari Becker, Paulo Camacho
Inspizienz, Tontechnik: Diogo Magalhães
Lichttechnik: Leandro Barreto
Videotechnik: Alan de Souza
Produktionsleitung: Claudia Marques
Produktionsassistenz: Divino Garcia
Koordination, Tourmanagement: Henrique Mariano
Administration: Claudia Petagna
Referenzen an und Bilder aus „Cabra marcado para morrer” von Eduardo Coutinho, Mapa Films production
Eine Produktion von Cia Vertice de Teatro (Rio de Janeiro), Axis productions in
Koproduktion mit Künstlerhaus Mousonturm (Frankfurt a. M.), Wiener Festwochen, Schauspielhaus Zürich, CENTQUATRE-PARIS, Odéon-Théâtre de l’Europe (Paris), Piccolo Teatro de Milano, ArtsEmerson (Boston), Riksteatern (Norsborg), Théâtre Dijon Bourgogne – CDN, Théâtre National Wallonie-Bruxelles, Théâtre populaire romand La Chaux-de-fonds – Centre neuchâtelois de arts vivants, DeSingel (Antwerpen), Temporada Alta – Festival de tardor de Catalunya (Salt) und Centro Dramático Nacional (Madrid).
Christiane Jatahy ist Artiste associée von CENTQUATRE-PARIS, Odéon-Théâtre de l’Europe, Schauspielhaus Zürich, ArtsEmerson (Boston) und Piccolo Teatro de Milano. Cia Vertice wird unterstützt von Direction régionale des affaires culturelles d’Île-de-France – Ministère de la Culture France.
Die Produktion tourt mit CENTQUATRE.
Biografie
Christiane Jatahy
Christiane Jatahy, geboren in Rio de Janeiro, ist Autorin, Regisseurin und Filmemacherin. Sie studierte Theater und Journalismus und hat einen postgraduate Abschluss in Kunst und Philosophie. Seit 2003 beschäftigt sie sich mit den Grenzgebieten zwischen künstlerischen Disziplinen, zwischen Realität und Fiktion, zwischen Darsteller*in und Charakter und zwischen Theater und Film.
2011 feierte Julia Premiere, basierend auf Strindbergs Fräulein Julie. Das Stück wurde mit dem Shell Award für beste Theaterregie in Brasilien 2012 ausgezeichnet und tourte durch bekannte Theater und Festivals in Europa und den USA, darunter die Wiener Festwochen 2013.
Für das Kulturprogramm der Olympischen Spiele 2012 entwickelte und inszenierte Christiane Jatahy In the comfort of your home, eine Reihe von Interventionen, Dokumentarwerken, Performances und Videoinstallationen von 30 Brasilianischen Künstler*innen in Londoner Privathaushalten.
2014 präsentierte sie What if they went to Moscow?, basierend auf Tschechows Drei Schwestern. Das Stück wurde mit dem Shell Award, dem Questão de Crítica Award and the APTR Award ausgezeichnet. Die Memory-Trilogie (gemeinsam mit Julia und What if they went to Moscow?) wurde 2015 mit The Walking Forest abgeschlossen, das lose auf Shakespeares Macbeth basiert und Live-Performance mit Videoinstallation und Live-Film verbindet. Das Stück war 2018 bei den Wiener Festwochen zu Gast.
Mit Beethovens Fidelio am Teatro Municipal in Rio de Janeiro inszenierte Christiane Jatahy 2016 ihre erste Oper. Auch hier verwendete sie filmische Elemente gemischt mit Live-Performance Elementen.
Ihre Nachforschungen zur Frage nach Flucht und Flüchtlingen vertieften sich 2018 in der Erarbeitung des Diptychons Our Odyssey, inspiriert von Homers Odyssee. Der erste Teil Ithaca konfrontierte Homers Epos mit der Realität heutiger Flüchtlinge auf dem Weg über das Mittelmeer. Der zweite Teil The Lingering Now geht neben Homers Text von Dokumentarfilmmaterial aus Palästina, Libanon, Südafrika, Griechenland und dem Amazonas aus, und bildet mit einer Mischung aus Griechischem Epos und den realen Geschichten von Künstler*innen auf der Flucht einen Dialog zwischen Theater und Film.
Jatahys Trilogy of Horror begann mit dem ersten Teil Entre chien et loup, inspiriert durch den Film Dogville und erstmals beim Festival d’Avignon 2021 gezeigt. Der zweite Teil Before the sky falls verbindet Shakespeares Macbeth mit The Falling Sky von Davi Kopenawa und Bruce Albert und untersucht die Gewalt toxischer Männlichkeit, die politische Macht des Patriarchats und seine inhärente Feindseligkeit allen Erscheinungsformen des Weiblichen gegenüber. Der finale dritte Teil Depois do silêncio (ausgehend von dem Buch Torto Arado von Itamar Vieira jr.) setzt den Fokus auf strukturellen Rassismus und wird bei den Wiener Festwochen 2022 uraufgeführt.