In Filmen und Vergnügungsparks hat das Disney-Imperium Schneewittchen zum Inbegriff des glücklichen Mädchens gemacht. Von Los Angeles bis Hongkong verzaubern Prinzessinnen-Darstellerinnen winkend und lachend das Publikum. Die in Manila lebende Choreografin Eisa Jocson betrachtet diese scheinbar universelle Performance des Glücks aus einer besonderen Perspektive: Disneyland Hongkong ist der größte Arbeitgeber für philippinische Tänzerinnen in der Region, besetzt sie aufgrund ihrer Hautfarbe allerdings nur in den namenlosen Nebenrollen. Zusammen mit dem Performance-Künstler Russ Ligtas setzt Jocson dem ein Ende. Sie eignet sich die Körperlichkeit Schneewittchens an und schafft ein Spielfeld der Identitäten.
Pressestimmen:
TQW Magazin
I AM WHITE, SNOW WHITE
Stephanie Misa on Princess by Eisa Jocson (2.11.2018)
„[…] the body of the princess is an empty vessel inhabited by those who need the work. The construction of this fairy tale is based on the sweat and never-wavering smile of the body working, the body of color working – of a body of color always working. [..] This is familiar territory if you have been following Jocson’s work. A master in embodying the affects of an entertainer’s daily grind, the sexualized, the fetishized, the underbelly of a migratory trajectory not often talked about in the open but lurking in the shadows. The body in this case, that of the Princess, is the most Jocson has taken on so far – where the sexualized and engendered role is wrapped in candy-sweetness and tailor-made for under-13 adulation.
Profil 44/2018
Choreografin Eisa Jocson:
Schneewittchen in der Kraftkammer
Von Karin Cerny ( 29. 10. 2018 )
„[..] In der aktuellen Performance-Szene ist es schon seit Jahren angesagt, Genderrollen zu dekonstruieren. Aber Jocson dreht die Schraube weiter, ihr geht es um eine politische Grundierung. Sie fragt ganz konkret: Welche Rollen nehmen wir ein, wenn wir gewisse Dienstleistungen – von erotischem Tanz im Club bis zur Krankenpflege – ausüben? Welche tradierten Frauen- und Männerbilder werden von uns erwartet? [..]Als im Herbst 2015 eine Disneyland-Dependance in Hongkong eröffnete, zog dies viele Kunstschaffende aus den Philippinen an. Es war lukrativer, sich als Micky Maus oder Schneewittchen zu verkleiden und Kinder zu unterhalten, als im Staatsballett in Manila zu tanzen. Dabei wollte Disney die Prinzessinnen nicht philippinisch besetzen – die Hauptrollen blieben Weißen vorbehalten. So mussten Jocsons Kolleginnen Zebras, Korallen und Tintenfische spielen. Insofern ist „Princess“ auch die Aneignung einer Rolle, die ihren Landsleuten in der Realität vorenthalten bleibt.“
Cast:
Künstlerische Leitung, Choreografie: Eisa Jocson / Performance: Eisa Jocson , Russ Ligtas / Musik: Marc Appart / Creative Presence: Arco Renz , Tang Fu Kuen / Dramaturgische Begleitung: Anna Wagner / Licht: Florian Bach / Coaching: Rasa Alksnyte / Produktionsleitung: Anne Kleiner / Assistenz: Marcus P. Tesch / Technische Leitung: Yap Seok Hui (Artfactory)
Eine Produktion von Eisa Jocson und dem Künstlerhaus Mousonturm in Koproduktion mit den Frankfurter Positionen, Münchner Kammerspiele und tanzhaus nrw.
Gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen des Bündnisses internationaler Produktionshäuser. Mit Unterstützung von Pianofabriek Brüssel und Para Site Hongkong.
Uraufführung 11.2.2017, Mousonturm Frankfurt
Wiederaufnahme 12., 13.3.2018, Mousonturm Frankfurt
Kontakt Produktion und Touring:
Anne Kleiner
anne.kleiner@mousonturm.de
Tel.: + 49 (0)69 40 58 95–29
Tour:
11. & 12.10.2019 Esplanade, Singapore
20. & 21.11.2019 Teatro di Sardegna, Cagliari, Sardinien
01.05.2020 DDD – Festival Dias da Dança, Porto, Portugal
Vergangene Termine in 2017: Künstlerhaus Mousonturm/Germany, tanzhaus nrw/Germany, Beursschouwburg/Belgium, Dampfzentrale/Switzerland, Kammerspiele München/Germany
Vergangene Termine in 2018: Künstlerhaus Mousonturm/Germany, German Dance Platform Essen/Germany, Oktoberdans Bergen/Norway, Tanzquartier Vienna/Austria, Moving in November Helsinki/Finland
Vergangene Termine in 2019: Taipei Arts Festival, Taiwan/Taipei
Biografie
Eisa Jocson
Eisa Jocson ist Choreografin und Tänzerin mit einem Lebensmittelpunkt in La Union (Philippinen). Sie ist ausgebildete bildende Künstlerin und machte erste Tanzerfahrungen im Ballett und Pole Dance. Mit ihren Arbeiten enthüllt sie die Körperpolitik in der Dienstleistungs- und Unterhaltungsindustrie aus der einzigartigen sozioökonomischen Perspektive der Philippinen. Sie untersucht, wie sich der Körper bewegt und unter welchen Bedingungen er sich bewegt – sei es soziale Mobilität oder Bewegung aus den Philippinen durch Migration. In all ihren Kreationen – von Pole Dance über Macho Dance und Hostess-Arbeit bis hin zu ihren Studien der Disney-Prinzessinnen, Superwoman und Zoo-Tieren – ist das Kapital die treibende Kraft der Bewegung, die den in die Pflicht genommenen Körper in räumliche Geografien drängt. Jocson hat eine enge Arbeitsbeziehung mit dem Künstler*innenhaus Mousonturm. Der Mousonturm hat zahlreiche ihrer Arbeiten koproduziert bzw. produziert. Mit vielen von ihnen war sie zahlreichen großen Festivals zu sehen und gastiert regelmäßig an Theatern in der ganzen Welt; mit dem Solo-Triptychon: Death of the Pole Dancer (2011), Macho Dancer (2013) und Host (2015) sowie mit der HAPPYLAND-Serie: Princess (2017), Your Highness (2017), Manila Zoo (2021). The Filipino Superwoman Band (2019), eine Arbeit über die affektive Arbeit von philippinischen Musiker*innen in Übersee, wurde von der Sharjah Biennale in Auftrag gegeben. Sie ist Preisträgerin des 2018 Cultural Centre of the Philippines 13 Artists Award, Gewinnerin des Hugo Boss Asia Art Award in 2019 und erhielt den 2021 SeMa-HANA Award für das Werk TFSB2020: Superwoman, Empire Of Care auf der Seoul MediaCity Biennale.
Am Mousonturm war zu sehen:
Mehr Informationen
Eisa Jocson Werke & Kollaborationen
Happyland part 1: Princess (2017)
Host (2015)
Philippine Macho Academy (2014)
Macho Dancer (2013)
Up (2012)
Death of the Pole Dancer (2011)
Stainless Borders: Deconstructing Architectures of Control (2010)
Alpha (2014)
Coke (2014)
Love Your City (2011)
Apollo 11 (2010)
Weitere Info
eisajocson.wordpress.com