Doppelpass mit YRD.Works 2016-2018

Im Winter 2016 startete die zweijährige Kooperation dem Künstlerhaus Mousonturm und dem Offenbacher Künstlerkollektiv YRD.Works bestehend au David Bausch, Yacin Boudalfa und Ruben Fischer. Im Rahmen des Doppelpass-Programms der Kulturstiftung des Bundes, das Partnerschaften zwischen freien Künstlergruppen und festen Theatern fördert, bespielen YRD.Works mit vier Projekten im Wechsel den Mousonturm und Areale im Offenbacher Hafen. Bei diesen Aktionen arbeitet das Künstlerkollektiv nicht nur eng mit dem Mousonturm-Team zusammen, es verbündet sich immer wieder vorübergehend mit weiteren Kolleginnen und Kollegen aus den darstellenden Künste und der Musik.

YRD.Works sind Nonkonformisten. Ihre Aktionen bewegen sich außerhalb gängiger künstlerischer Produktions- und Verwertungssysteme. Anstatt sich in gegebene Architekturstrukturen einzupassen, schaffen sie temporäre Räume. Anstatt dem Autonomiegebot der Kunst zu folgen, schaffen sie Begegnungsorte. Und anstatt sich im Sinne des Kulturauftrags Gentrifizierungsprozessen kritisch zu widersetzen, entwickeln sie ihre Umnutzungs- und Besiedlungskonzepte auf einem der spekulations-trächtigsten Areale Offenbachs, dem ehemaligen Hafengelände. Impulsgebend ist für YRD.Works immer die Frage: Was fehlt an einem Ort? Ob Turnierstätte, Club, Restaurant oder Kunsthalle – der Bau ihrer großformatigen, begeh- und benutzbaren Raumskulpturen wird stets zum performativen und sozialen Ereignis.

Die zweijährige Partnerschaft ermöglicht dem Künstlerkollektiv und dem Künstlerhaus ihre eigene Arbeitspraxis zu befragen und bisher unbekannte Bereiche zu erobern. Im Zentrum des gemeinsamen Interesses steht die Kategorie „Künstlerhaus“, die elementar bei der Gründung des Mousonturms Ende der 1980er Jahre war. Als offener Ort mit Wohnungen, Ateliers, Tonstudios, Proberäumen und Theaterbühnen im Geist konsequenter Interdisziplinarität konzipiert, hat sich der Mousonturm mittlerweile mit einer hocheffizienten Personal- und Infrastruktur exklusiv auf die Realisierung von Produktionen im Bereich der darstellenden Künste spezialisiert.

YRD.Works und der Mousonturm experimentieren im Rahmen ihrer Kooperationen mit überraschenden Öffnungen und Umwidmungen und entwickeln neue Dispositive eines transdisziplinären Künstlerhauses, die sich von den Paradigmen gegebener architektonischer, institutioneller und kulturpolitischer Setzungen lösen.
Als erste Aktion („Messerschmiede“) verwandelten YRD.Works im April 2017 Teile des Mousonturm-Lokals in eine Messerfabrik und produzierten 100 Küchenmesser. YRD.Works interessierte der ambivalente Status des Unternehmens. Was ist die Messerschmiede und das dort produzierte Messer? Alltäglicher Gebrauchs- oder limitierter Kunstgegenstand? Künstlerische Performance oder kommerzieller Pop-Up-Shop? Handwerkliche Präzisionsarbeit oder serielle Produktion? Oder ganz banal – Werkzeug oder Waffe?
Im Juli 2017 riefen die drei Künstler und der Mousonturm dann zusammen mit dem japanischen Performance-Kollektiv contact Gonzo und dem Frankfurter Elektronik-Duo Les Trucs die 1. Offenbacher Seefestspiele ins Leben und verwandelten den Hof der Kressmann-Halle, eine von YRD.Works seit Sommer 2016 auf dem Areal des ehemaligen Offenbacher Hafen betriebene Ausstellungshalle, in einen 600 m2 großen See. Der geschaffene See war Wasserbecken, begehbare Skulptur und Bühne zugleich, der während der Seefestspiele an jedem Tag mit einer anderen performativen Aktion bespielt wurde. Ein baulicher Fehler der neuen angrenzenden Straße, durch den das Grundstück der Kressmann-Halle in regelmäßigen Abständen überschwemmt wird, gab hierfür die Idee. Ein besonderes Interesse von YRD.Works war dabei, die Ambivalenz zwischen dem schöpferischen Charakter eines Stadtbrunnens und der zerstörerischen Kraft einer Überschwemmung auszuloten.
Im Januar 2018 werden YRD.Works zusammen mit dem Mousonturm-Team das Herzstück des Künstlerhaus Mousonturm, den Theatersaal, in eine Skulptur verwandeln. „Insight Out“ schafft in der Blackbox in einen außergewöhnlichen Erfahrungsraum, in dem sich die Konventionen und Potentiale unterschiedlicher Raumdispositive übereinanderlegen. Innen- und Außenraum, glatte Fassade und offengelegte Konstruktionen, die individuelle Betrachtung eines Objekts im Ausstellungsraum, das kollektive Erleben im Theater und das Abtauchen in einer anonymen Masse im Club.

Gefördert im Fonds Doppelpass der Kulturstiftung des Bundes