im*possible bodies #2. Versuch einer Dekonstruktion

Im April 2018 feierten wir mit im*possible bodies ein Festival für utopische Praxis. Immer deutlicher wurde dabei auch die Forderung nach einer neuen künstlerischen und institutionellen Praxis artikuliert, die sich dem gängigen Kanon widersetzt. Nun wollen wir uns mit im*possible bodies #2 konkret an der eigenen Institution abarbeiten – dem Künstler*innenhaus Mousonturm selbst. Denn einer neuen institutionellen Praxis muss eine Analyse der eigenen Gegenwart und Geschichte vorangehen! Wir sind im Verwaltungsgebäude der ehemaligen Mouson-Seifenfabrik beheimatet. Einst warb diese Firma im Zeichen kolonialer Reinheitsfantasien für „zarte weiße Haut“ für die Frau, und die Mouson-Parfümeure flogen in die Provence für exotische, wohlriechende Lavendel-Blüten. Heute erfreut sich hier ein kosmopolitisches Frankfurter Publikum an internationaler Performance, Theater und Tanz, und die Dramaturgie des Mousonturms reist um die halbe Welt für die Kunst. Solche Kontinuitäten von Seifenfabrik und Künstlerhaus sind kein Zufall. Das Fortdauern kolonialer Machtverhältnisse, eine „Kolonialität der Macht“ (Aníbal Quijano), ist beiden eingeschrieben – die Reinheit und Abtrennung von Schmutz dem Hygieneprodukt, die Entkontextualisierung und die Isolierung von Praktiken, Bewegungen und Diskursen dem Theaterraum. Wie aber können diese Vereinbarungen aufgehoben werden? Kuratorisch, künstlerisch, kulturpolitisch und architektonisch? Und wie könnte die Institution der Zukunft aussehen, die Teilhabe, Kollaboration, Emanzipation, Ästhetik, Repräsentation und Kritik der Vielen ermöglicht?

Im Januar bleiben Black Box und White Cube leer! Stattdessen öffnen sich die Flure, Toiletten, Techniklager und das Intendanzbüro des Mousonturms für Performances, Versammlungen, Teach-ins und Installationen, in denen der Mousonturm mit Hilfe von künstlerischen, wissenschaftlichen und aktivistischen Positionen und Beiträgen versuchen will, die eigene institutionelle Praxis zu reflektieren. Die Initiative frankfurt postkolonial arbeitet die kolonialen Verstrickungen des Mousonturms auf. Im Rahmen eines Studierenden-Workshops mit Julia Wissert wird ein Zine produziert. Rosana Cade und Ivor MacAskill laden als artists in residence zu offenen Proben und Austausch ein. Ulf Otto geht der Black Box auf den Grund, Gloria Wekker spricht über die weiße Unschuld. Der Musiker Bola Ifa öffnet andere Räume und fordert ein radikales Zuhören ein. Und noch viel mehr. Zwischen den Debatten gibt es immer wieder die Möglichkeit zum gemeinsamen Essen und Miteinanderreden in Nuray Demirs „Club of Possibilities“, eine Raumbesetzung zwischen Solidarität und (Selbst-)Sorge.

17.1., 19 Uhr Warm Up mit offenen Proben der artists in residence Rosana Cade und Katy Baird
20.30 Uhr Der Geheime Salon mit DJ Nigga Fox & Nikki on Fleek
18.1. Programm ab 19 Uhr
19.1. Programm ab 10 Uhr
20.1. Programm ab 11 Uhr
27.1., 18 Uhr Zine-Präsentation mit Julia Wissert, Patu und Studierenden der Hessischen Theaterakademie

Für eine bessere Planbarkeit bitten wir um Anmeldung für im*possible bodies #2 unter: dramaturgie@mousonturm.de, für Kinderbetreuung unter: oezlem.tuerkan@mousonturm.de

Im ganzen Mousonturm
Sprache: Deutsch und Englisch mit Flüsterübersetzung
Eintritt frei
Kostenfreie Kinderbetreuung und Verpflegung

Organisiert von: Julian Warner (Hauptaktion) und Elisa Liepsch (Mousonturm)
Mit: Nuray Demir, Vanessa E. Thompson, Simone Dede Ayivi, Gloria Wekker, Carmen Mörsch, Joana Tischkau, Ulf Otto, Diversity Arts Culture – Berliner Projektbüro für Diversitätsentwicklung, Swoosh Lieu, *foundationClass (Weißensee Kunsthochschule Berlin), Ogutu Muraya, Moses März, Natalie Bayer, Zinzi Minott, Nashilongweshipwe Mushaandja, Elsa M’Bala, Bola Ifa, Julia Wissert, Imad Mustafa, Rosana Cade, Ivor MacAskill, frankfurt postkolonial, Rohit Jain, Mathias Rodatz, Katy Baird, DJ Nigga Fox u.a.

Das Projekt „im*possible bodies #2. Versuch einer Dekonstruktion“ wird gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes und unterstützt durch die Freunde und Förderer des Mousonturms e.V. (f.f.m). Der „im*possible bodies“-Studierenden-Workshop wird gefördert durch die Hessische Theaterakademie. Die „im*possible bodies #2“-Residenzen finden statt in Kooperation mit dem Fierce Festival Birmingham. Dank an Aaron Wright/Fierce Festival.