- 13.01.2024, 20.00 Uhr29 € / ermäßigt 14 €
- 14.01.2024, 18.00 Uhr29 € / ermäßigt 14 €
Der Jahrhundertroman „Die Blechtrommel“ (1959) von Günter Grass ist über jede Kritik erhaben. Umso herausfordernder ist die Umsetzung des Monumentalwerkes auf der Bühne. Die Idee des Hamburger Schlagzeugers Stefan Weinzierl ist naheliegend und dennoch einzigartig: Ausgewählte Szenen, gelesen von Schauspieler Devid Striesow, werden von ihm atmosphärisch untermalt und immer wieder bekommen die vielfältigen Schlaginstrumente auch ihren solistischen Platz. Sprache und Musik erzählen das Leben des Oskar Matzeraths, der mit drei Jahren sein Wachstum einstellt und aus scheinbarer Kindheitsperspektive die Welt der Erwachsenen erlebt. Eine Lebensgeschichte – von der Geburt 1924 in Danzig bis zum Ende des zweiten Weltkriegs. Und so wie Oskar seine Stimme zum Trommelspiel erhebt, so kombinieren Striesow und Weinzierl die starke Ausdruckskraft von Günter Grass‘ Roman mit den facettenreichen Klangfarben von Vibraphon, Marimba, Percussion und Live-Elektronik – ein einzigartiges, intensives Text-Musik-Erlebnis, dessen Botschaft in einer Zeit von zunehmendem Nationalismus und Populismus wieder immens an Aktualität gewonnen hat.
Dauer: 120 Min. inkl. Pause
Sprache: Deutsch
Biografie
Devid Striesow
Devid Striesow zählt zu Deutschlands beliebtesten und erfolgreichsten Schauspielern. Der äußerst vielseitige und wandlungsfähige Striesow schloss seine Schauspielausbildung an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin ab und war zunächst am Düsseldorfer Schauspielhaus und am Deutschen Schauspielhaus Hamburg unter Jürgen Gosch engagiert. In letzterem ist er aktuell in „Ödipus“ und „Ivanov“ zu sehen. Zu seinen langjährigen Theaterprojekten gehört die wiederholte Zusammenarbeit mit Thorsten Lensing und Schauspielkollegin Ursina Lardi.
Devid Striesow ist in zahlreichen Film- und Fernsehproduktionen zu sehen. Von 2005 bis 2012 gehörte er zum Haupt-Cast der ZDF-Krimireihe „Bella Block“. Für seine Interpretation des SS-Offiziers Friedrich Herzog im oscarprämierten Kinofilm „Die Fälscher“ wurde er für die beste männliche Nebenrolle mit dem Bundesfilmpreis 2007 ausgezeichnet. Von 2013 bis 2019 verkörperte er für den Saarländischen Rundfunk den Saarbrücker Tatort-Hauptkommissar Jens Stellbrink. 2015 war er in der Rolle des Hape Kerkeling im Kinofilm „Ich bin dann mal weg zu sehen“. Im gleich vierfach oscarprämierten Antikriegsfilm „Im Westen nichts Neues“ überzeugte er 2023 in der Rolle des Deutschen General Friedrich. Devid Striesow ist Gewinner des Deutschen Filmpreises und Preisträger weiterer zahlreicher Ehrungen.
Biografie
Stefan Weinzierl
Die Musik von Stefan Weinzierl passt in keine Schublade – genauso wenig wie sein Instrumentarium. Ob mit großem Orchesterschlagwerk oder kleinen Effektinstrumenten – mit dem einzigartigen Klangspektrum seiner facettenreichen Schlaginstrumente entwickelt der Schlagzeuger und Multi-Perkussionist (Masterstudium an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg) Hörwelten für energiegeladene Bühnenproduktionen und schlägt dabei gern den Bogen zu Literatur oder Schauspiel.
In seinen Produktionen arbeitet er u.a. mit Claudia Michelsen, ChrisTine Urspruch, Ulrike Folkerts, Dominic Raacke, Mark Waschke und Walter Sittler zusammen und folgte u.a. Einladungen des Schleswig-Holstein Musik Festivals, der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern, der Elbphilharmonie Konzerte, der San Francisco Symphony, des Festival musica Strasbourg, des enter 4th festival Prag, der Ruhrfestspiele Recklinghausen, der NIME Oslo und zahlreichen deutscher Theater – u.a. des Deutschen Schauspielhauses Hamburg, der Oper Bonn, der Theater in Freiburg, Baden-Baden, Regensburg und Worms, des Landestheaters Detmold, des Staatstheaters Hannover, des Oldenburgischen Staatstheaters und des Robert-Schumann-Saals Düsseldorf.
In seinem Hamburger Tonstudio entwickelt und produziert er regelmäßig Musik für Bühnenwerke, Hörbücher, Radio-Produktionen, Dokumentationen und Imagefilme.
Stefan Weinzierl ist Preisträger der Guthman Musical Instrument Competition Atlanta 2011 und Endorser des niederländischen Schlagwerkherstellers ADAMS.
Mehr Informationen
Auf sechs- bis siebenhundert Seiten, je nach Druckversion schachtelte Grass einst sein Meisterwerk. In der Schachtel eine weitere Schachtel, nicht dass das genügte, noch eine Seitenschachtel hin- und eine Mikroschachtel darunter dazu. Nicht zu vergessen die ganz große Rahmenschachtel. Und das gilt nicht nur für seine Satzbauten, sondern auch für die Geschichte und die Geschichten selbst.
Szenische Bühnenumsetzungen des Monumentalwerks tun sich schwer. Wie soll man einen Roman, in dem der Held zur Hälfte aus der Ich-Perspektive erzählt, zur anderen Hälfte von sich selbst in der dritten Person berichtet, auf der Bühne umsetzen? Dazu noch die Autobiographie eines Protagonisten, der bis zu seinem zwanzigsten Lebensjahr im Körper eines dreijährigen verbleibt?
Die Idee des Schlagwerkers Stefan Weinzierl also: „Wir setzen das auf der Musik auf – aber nicht banal auf einer Blechtrommel, sondern auf dem gesamten Schlagwerk, das die großartigen Originaltexte von Günter Grass erfühlt.“
Das bedeutete, eine Form zu finden, aus dem Gesamtwerk maximal 8-10% Text zu einem konzertabendverträglichen Programm zusammenzustellen. Schnell stießen wir auf ein Problem: Da sind so viele fantastische Geschichten und jede Geschichte selbst ist in sich so dicht komponiert und alle Geschichten untereinander so großartig verwoben – da mag niemand wirklich ernsthaft streichen, kürzen, bearbeiten.
Nachdem verschiedene Versuche, komplette Geschichten aneinanderzureihen regelmäßig nur zu mindestens vier- bis fünfstündigen Programmen führten, versuchten wir eine Variante, die wir eigentlich für überhaupt nicht möglich hielten: Wir sortierten alle Szenen, in denen die Trommel keine entscheidende Rolle spielt aus und beschränkten uns auf den Romanteil von Oskars Geburt unter den Glühbirnen bis zum Tod des Vaters. Dieser markiert das Ende des Trommelspiels: Oskar wirft sie ins Grab und beginnt zu wachsen. So entstand ein Manuskript, das trotz der starken Reduktion des Romans die Geschichte Oskars mit seiner Blechtrommel wiedergibt – ohne in den Originaltext einzugreifen und die Sprachgewalt, Sprachkunst und Sprachschönheit des Autors würdigt.
Die Musik tut ihr Übriges (hoffentlich Machandelhell und schön). Von der Herkulesaufgabe des Vorlesers möchten wir derzeit gar nicht reden.
(Günter Raake & Stefan Weinzierl)