EVAKUIEREN 2014

erster Flucht- und Rettungsplan für die Rhein-Main-Region

Künstlerische Leitung: Akira Takayama

Steigt man am Mainzer Hauptbahnhof in die S-Bahnlinie 8 und fährt mit ihr bis nach Hanau, so entspricht das ziemlich genau einer Durchquerung des Großraums Tokio mit seinen 35 Millionen Einwohnern. Der gilt nicht erst seit dem Erdbeben und der Nuklearkatastrophe von 2011 als unevakuierbar. Der japanische Regisseur und Konzeptkünstler Akira Takayama hat es sich von daher zur Aufgabe gemacht, dort, wo ein Entkommen aus amtlicher Sicht unmöglich erscheint, nach individuellen Rettungsalternativen zu suchen, neue Schutzräume zu konzipieren und bislang unbekannte Fluchtwege zu kartografieren.

EVAKUIEREN startet am 12. September 2014 und verleiht als erster Flucht- und Rettungsplan für die Rhein-Main-Region der Idee des Evakuierens neue Bedeutung. Vom Frankfurter Künstlerhaus Mousonturm aus entwickelt derzeit ein internationales Künstler- und Research-Team unter der Leitung von Akira Takayama das großdimensionale, Internet und Stadtraum verknüpfende Kunst-Event.

EVAKUIEREN lud vom 12. September bis 5. Oktober für drei Wochen dazu ein, sich an bis zu 30 S- und Straßenbahnstationen entlang der Linien S1, S8, S9 und an den Bahnhöfen zwischen Frankfurt-Ost und Hanau und einem weiteren Schwerpunkt in Darmstadt zu zahlreichen Neuerkundungen verleiten zu lassen. Bahnstationen zwischen Wiesbaden, Mainz, Frankfurt, Offenbach und Hanau wurden zu Start- und Ausgangspunkten für Kunstaktionen, Inszenierungen und künstlerische Ready-Mades, Transformationen und Interventionen, geheimen Versammlungen und Spurensuchen. Und statt der theaterüblichen Eintrittskarte bedurfte es lediglich eines gültigen RMV-Tickets.

Ein interaktives Web-Portal leistete mit dem Projektbeginn am 12.9. unter www.evakuieren.de die erforderliche Fluchthilfe: Mit wenigen gezielten Einstiegsfragen ermittelte die Webseite den individuellen Grad an Alltagsverdrossenheit oder urbaner Identitätsmüdigkeit. Als Ergebnis dieser kurzen Befragung schlug das Programm Rettungssuchenden einen ersten Ausgangspunkt innerhalb des RMV-Netzes vor, eine S-Bahn-Station im Grünen, vor den Werkstoren oder mitten im Zentrum der Stadt. Auch bot die Website eine Übersicht über sämtliche ins Projekt integrierten Bahnhöfe und Stationen, wichtige Basisinformationen wie besondere Öffnungszeiten oder eventuell vor Ort anfallende Kosten. Die jeweils zu erwartenden Ereignisse am Ende des Weges ließen sich hingegen nur erahnen.
Konkrete Hinweise gaben Karten und Skizzen, die ein Team japanischer Grafik- und Animationskünstler für jede Evakuierungsroute individuell gestaltet hatte. Diese konnten vor dem Start ausgedruckt oder aufs Smartphone geladen werden. Sie lockten auf ungewöhnliche Pfade, leiteten zu unbekannten Rückzugsorten, verführten zu unerwarteten Begegnungen mit sonst Unsichtbaren und verwandelten noch vor dem Aufspüren der eigentlichen Ziele die vertrauteste Umgebung in urbane Rätsel.

Auf dem Blog gab es gesonderte Informationen und Neuigkeiten rund um EVAKUIEREN.